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Cognitive Enhancement Übermensch

Kopf an Kopf beim Hirndoping

Die Methoden des cognitive enhancement müssen endlich verglichen werden

Von Jörg Auf dem Hövel

Seit einigen Jahren wird über Hirndoping diskutiert. Dahinter steht die Hoffnung auf Mittel und Wege, dem menschlichen Geist auf die Sprünge zu helfen. Zugleich steht dahinter die Angst vor einer Anpassung an die nie enden wollenden Anforderungen der Leistungs- und Beschleunigungsgesellschaft und vor einer darauf aufbauenden Gesundheitsdiktatur.

In erster Linie wird über Medikamente und Arzneimittel gesprochen. Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht irgendeine Studie zur Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer psychoaktiven Hirndoping-Substanz den Weg in die Medien findet. Wie schon im Falle psychotherapeutischer Interventionen ist die Fixierung auf die Pharmakologie frappant. Dort lässt sie sich teilweise noch aus der Abkehr von der psychoanalytischen Tradition erklären, hier aber verwundert sie. Denn zum einen weisen alle vernünftigen Studien darauf hin, dass Konzentrations- oder gar Lerneffekte durch Arzneimittel wie Ritalin oder Modafinil marginal sind – wenn denn überhaupt vorhanden. Zum anderen existieren diverse alternative, nicht-pharmakologische Methoden des „cognitive enhancement“, wie die Forschung zu Hirnschrittmachern genannt wird. Um diese Methoden und ihre Einordnung in den Kontext der Diskussion soll es im folgenden gehen.

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Cognitive Enhancement

Cognitive Enhancement: Eine Liste

Artikel und Interviews zur Klärung eines Phänomens

Chirurgen am Limit.
Wie steht es um die Hirndoping-Affinität bei jungen Ärzten? (Telepolis v. 19.05.2013)

Tabula Rasa im Großhirn
Das Enzym PKMzeta spielt eine wichtige Rolle im Langzeitgedächtnis. Forscher wollen es nun für gezieltes Vergessen einsetzen. (Telepolis v. 11.04.2012)

Enhancement mit Statistik
Die Debatte um die Quantified Self-Bewegung und die Selbststeuerung
Telepolis v. 07.08.2012

Deutsche Studenten sind reserviert gegenüber dem Hirndoping
Die erste vernünftige Studie zum Thema zeigt die geringe Verbreitung des Phänomens. (Telepolis v. 10.02.2012)

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Cognitive Enhancement Gesundheitssystem Psychopharmakologie

Hirndoping-Affinität von jungen Ärzten

telepolis, 19.05.2013

Chirurgen am Limit

Wie steht es um die Hirndoping-Affinität bei jungen Ärzten?

Der Arbeitsalltag vieler Chirurgen ist stressig, die Anforderungen hoch, Fehler können fatale Folgen haben. Eine umfangreiche Befragung der Universität Mainz unter über 1.100 Operateuren ging nun der Frage nach, ob diese Arbeitsbelastung dazu führt, dass die Ärzte zu sogenannten „cognitive enhancern“ greifen, um länger konzentriert arbeiten zu können. Die Ergebnisse zeigen neben der kaum wundersamen Tatsache, dass auch Ärzte Drogen nehmen, vor allem, dass die nötige Trennschärfe zwischen Aufputsch- und Hirndoping-Mitteln schwierig ist.

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Vergesst das Gehirn nicht

Das Protein PKMzeta galt als Zentralschalter für die Erinnerung, gar als Kandidat für effektives Gedächtnis-Doping. Nun kommen Zweifel auf.

In den letzten Jahrzehnten wurden verschiedene chemische Substanzen gefunden, die für das Erinnern zuständig sind. Eine zentrale Rolle wurde dabei immer PKMzeta zugeschrieben. Hinter dem Kürzel verbirgt sich ein Enzym, das Todd Sacktor bereits vor 20 Jahren entdeckt hatte. In einem seiner Versuche hemmte er im Hirn von Ratten das PKMzeta und konnte eine ansonsten stabile Erinnerung komplett löschen. In einem zweiten Versuch erhöhte er die Verfügbarkeit von PKMzeta und konnte nachweisen, dass dies bei den Nagern die Erinnerungsfähigkeit fördert.

Nicht nur Sacktor denkt, mit dem Enzym den Schlüssel zum menschlichen Gedächtnis in der Hand zu haben, sei es, um das Hirn besser lernen zu lassen, sei es, um es vergessen zu lassen. Zuletzt durfte eine Forschergruppe im anerkannten Magazin Science über die enorme Konsolidierungskraft von PKMzeta berichten.

Aber jetzt kommen Zweifel auf. Unabhängig voneinander deaktivierten zwei Forscherteams in Mausembryonen die Gene, die für die Bildung von PKMzeta verantwortlich sind. Die ausgewachsenen Mäuse besaßen das Enzym also nicht. Gleichwohl waren die Mäuse in der Lage, Erinnerungen auszubilden (Nature-Aufsätze hier und hier). Die Studien zeigen recht eindeutig, dass PKMzeta das Erinnerungsvermögen nicht als hauptverantwortliches Moment reguliert. Alternative Pfade sind möglich. Welche dies sind, muss weitere Forschung zeigen.

Wieder muss sich die Hirnforschung von der Hoffnung zu verabschieden, ein einzelnes Molekül sei in der Lage, Erinnerung (wer spricht noch von CREB?) oder Gefühle (Oxytocin) zu formen. Simple Erklärungen sind verführerisch und ökonomisch besser verwertbar. Gegenseitige Abhängigkeiten im körpereigenen Prozess, äußere Einflüsse, individuelle Eigenheiten – dies alles wird spätestens virulent, wenn es um die pharmakologische Umsetzung der Forschungsergebnisse geht.

Erschienen in der Telepolis unter http://www.heise.de/tp/blogs/3/153490

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Die Debatte um die Quantified Self-Bewegung und die Selbststeuerung

telepolis, 07.08.2012

Enhancement mit Statistik

Jörg Auf dem Hövel

Die Debatte um die Quantified Self-Bewegung und die Selbststeuerung

Die Selbsterkenntnis per Datenanalyse hat Konjunktur. Wo früher Waage und Fieberthermometer ausreichen mussten, um den eigenen Gesundheitszustand zu messen, stehen heute eine Vielzahl von Gadgets bereit. Bio-Sensoren und Apps können Körperfunktionen in jeder Lebenslage aufzeichnen, aus den gewonnenen Daten werden Handlungsanweisungen für optimalen Schlaf, gesündere Ernährung, bessere Fitness und höhere Intelligenz gezogen. Das Quantified Self ist geboren, die lose gekoppelten Mitglieder dieser Bewegungen, die sogenannten Self-Tracker, wollen sich optimieren. Die Fitness- und Gesundheitsbranche sieht neue Geschäftsfelder wachsen, aber es wird auch Kritik laut.

Auf dem Markt sind bereits Waagen, die das Gewicht und den BMI per WLAN an den PC oder das Smartphone senden. Einige erlauben das Teilen der Daten auf Facebook und Twitter. Einen Schritt weiter geht Beeminder. Das System zieht Geld vom Konto ein, wenn man sein Trainingspensum nicht erfüllt. Und unter www.trackyourhappiness.org behauptet, eine App gar feststellen zu können, welche Tätigkeiten den Anwender glücklich machen. Viele Produzenten sammeln die anonymisierten Informationsströme, um Datenbanken mit Nutzerverhalten aufzubauen. So pflegt beispielsweise ein Hersteller von Schlafsensoren, die Firma Zeo, mittlerweile eine der weltweit größten Datenbanken über das menschliche Schlafverhalten.

Ein Hobby für Nerds, könnte man meinen. Und tatsächlich sieht man auf den Treffen zumeist junge Männer die Tabellen und Ansätze diskutieren. Florian Schumacher vom Quantified Self Netzwerk Deutschland weist gleichwohl darauf hin, dass bereits heute viele Menschen digitale Produkte, welche auf der Selbst Quantifizierung basieren, verwenden. Ob Schlafphasenwecker, Menstruationskalender oder GPS-Tracking für Sportler – eine Vielzahl von Smartphone Apps basiere auf der Messung und Analyse von persönlichen Daten. „Zugleich wird auch von medizinischer Seite immer häufiger die regelmäßige Kontrolle von Werten wie Gewicht, Blutdruck oder Blutzucker empfohlen und Ansätze aus der Telemedizin werden zunehmend populärer.“ Durch diese Trends sei davon auszugehen, dass sich Sportler und Patienten zukünftig häufiger quantitativ beobachten, um Ihre Leistungen oder ihre Gesundheit zu verbessern.

In Deutschland ist die Szene klein und diversifiziert. Die deutsche Quantified-Self-Facebook-Gruppe hat zur Zeit 146 Mitglieder. Nicht alle sind eingefleischte Body-Hacker, vielen geht es eher darum, Trainingseffekte zu messen und ihre Gesundheit auf einem guten Stand zu halten.

Die schillerndsten Blüten sprießen wieder einmal in den USA. Dort erlauben einige Self-Tracker jedermann ihre Einsicht in Hirnstrom- und Stuhlgangwerte. Der Tracker Chris Volinksy stellt beispielsweise seinen kompletten und immer aktuellen Gesundheits-Datensatz zum Download zur Verfügung. Dies umfasst zur Zeit Schrittanzahl, Gewicht und Produktivität, aber beispielsweise noch keine Blutwerte. Andere, wie Dave Asprey, haben das Quantified Self zu einer die gesamte Existenz umfassenden „Biohacking“ ausgebaut und bieten verschiedene Produkte an, die als cognitive enhancer wirken sollen.

Corpus Delicti

Dieser technische Enthusiasmus ruft Kritiker auf den Plan. Diese reiben sich nicht nur am gefährdeten Datenschutz, sondern befürchten einerseits einen Kampf gegen den eigenen Körper, der sich der Illusion hingibt, über eine manische Selbstkontrolle Herr über das eigenen Schicksal werden zu können. Andererseits sieht man in der Trackern die Spitze der gesellschaftlichen Tendenz, die physische Vollkommenheit als das höchste Gut im Leben zu sehen.

Jüngst hat die Autorin Juli Zeh mit einem grimmigen Artikel zu Wort gemeldet. Zeh hatte schon in ihrem Roman „Corpus Delicti“ eine Gesundheitsdiktatur beschrieben, in der hyperhygienische Kontrollen und Regulationen herrschen. In der Selbst-Quantifzierung sieht sie nun einer Art Magersucht für Männer, in den Trackern die Versuchskaninchen für das aufkeimende „Konzept des Gesundheitsuntertanen“. Ihr Argument: „Wenn es einen optimalen Lebensstil gibt, der zum optimalen Körper führt, dann gibt es auch messbare Abweichungen, an die sich Belohnung und Strafe knüpfen lassen.“

Florian Schumacher hält solche Befürchtungen für übertrieben. Einen allgemein gültigen, optimalen Lebensstil gäbe es ohnehin nicht, da sich jeder Mensch in seinem Stoffwechsel, seinen gesundheitlichen Voraussetzungen und seinen persönlichen Bedürfnissen unterscheide. „Lösungen nach dem Prinzip von Quantified Self zielen darauf ab, besser auf den Einzelnen mit seinen individuellen Besonderheiten einzugehen. Die Auseinandersetzung mit sich selbst führt zu Wissen, welches man für einen selbstverantwortlichen Lebensstil einsetzen kann.“ Darin sieht er primär eine Chance zum mündigen Umgang mit der eigenen Gesundheit.

Das Selbst und seine Steigerung

Die Optimierungsbemühungen der Quantified Self Bewegung fallen in eine Zeit, in der das Individuum ohnehin als durch und durch messbare und jederzeit zu verbessernde Gestalt interpretiert wird. Die Gesundheits- und Pharma-Industrie steht zur Seite, wenn es darum geht, an beliebigen Stellschrauben zu drehen: Nahrungsergänzungsmittel für die tägliche Ernährung, Koffein für das Büro, Stimulanzien für den Abend und vor dem Halbmarathon ein paar Schmerzmittel. Eine Zeit lang schien es, als das mit den sogenannten „cognitive enhancern“ pharmakologische Mittel zur Verfügung stehen, die Aufmerksamkeit, Aufnahmekapazität oder gar Intelligenz steigern. Die nähere wissenschaftliche Analyse relativierte dies stark, mehr als Wachbleiben ist kaum drin, Steigerungen einiger kognitiven Funktionen gehen meist mit Verringerung anderer Funktionen einher.

Um nicht nur die rationalen Funktionen, sondern die Gesamtstimmung auf hohem Niveau zu halten, können Antidepressiva dienen. Die Grenze zwischen Therapie und Enhancement ist hier nicht immer so scharf, wie dies gerne von der Ärzteschaft behauptet wird. Ob nun aber beispielsweise in Deutschland eine Überversorgung herrscht, wird diskutiert. Der aktuelle Arzneimittelreport behauptet dies, die Fachschaft widerspricht. Das Beispiel der medikamentenaffinen USA („Listening to Prozac“) mag als Warnung dienen, lässt sich aber nicht auf Europa übertragen. Zur Zeit wird die Wirkung des „Kuschelhormons“ Oxytocin erforscht. Die Therapeuten hoffen auf soziale Bindungsaktivierung. Allerdings zeigt sich, dass bei Menschen mit einer bestimmten Ausprägung der Oxytocin-Rezeptoren das Mittel seine Wirkung kaum oder gar nicht entfaltet.

Ob Zeiten des „emotionalen enhancement“ vor der Tür stehen ist offen. Felicitas Krämer von der Technischen Universität Eindhoven untersucht deren Ethik und warnt vor Eingriffen in die Psyche von Gesunden. „Das emotionale Enhancement scheint mir noch problembehafteter und komplexer als das kognitive, denn es geht nicht einfach um Steigerung.“ Die früher diskutierten Fragen der Natürlichkeit der Gefühle, die beim emotionalen Enhancement evoziert werden, hält sie für nachrangig. „Ich denke, wir können biokonservative Argumentationen nach dem Motto ‚etwas ist deshalb problematisch, weil es künstlichen Ursprungs ist‘ mittlerweile ganz beiseite legen. Sie sind widerlegbar. Stattdessen sollte der Diskurs sich hauptsächlich mit der Lebensqualität der Konsumenten und den möglichen negativen Folgen des Konsums befassen.“

Ob Hirndoping, Antidepressiva oder Entaktogene: Hinweise auf gutes Gelingen und inneren Frieden sind möglich, das Vertrauen auf die andauernde Wirkung wird zumeist enttäuscht. Es besteht immer die Chance, dass unser Körpersystem allzu schnelle Veränderungen an sich als Störung empfindet. Wer sich aufgrund innerer Querelen ändern will, darf Zeit einplanen. Eine Binsenweisheit vielleicht, genauso wie die Feststellung, dass genau diese Zeit heutzutage Mangelware ist. Und, nur nebenbei bemerkt, treffen sich an dieser Stelle diejenigen, die Heilung auf Knopfdruck durch Pharmakotherapie und diejenigen, die spirituelle Erweckung durch Urwaldaufenthalte mit Ayahuasca-Sitzungen erwarten.

So sehr man den Optimierungswahn auch kritisieren mag: Quantified Self könnte durchaus zur zivilen Selbstermächtigung und der damit möglichen Autonomisierung von den Institutionen des Gesundheitssystems und Fitnessbranche beitragen. Folgt man allerdings Autoren wie Juli Zeh ist körperlich-geistige Kultivierung ohne Unterordnung unter das kapitalistische Leistungsdiktat überhaupt nicht möglich. Auch die junge Bewegung des Quantified Self kommt nicht um die Frage herum, ob sie einer weiteren Form leistungsgesellschaftlicher Anpassungsvorgänge unterliegen und zur Erosion gesellschaftlicher Solidarität beitragen.

Es ist nie einfach zu sehen, ob man etwas tut, weil man es von sich erwartet oder es von einem erwartet wird. So tief braucht man zudem nicht blicken, um zu erkennen, dass diese Technologie mehr ist als nur ein Mittel, genaueres über sich selbst zu erfahren. Denn an das Funktionsverständnis ist der Optimierungswille eng gekoppelt. Und ein hypertechnischer Ansatz, der zentrale Lebensbereiche in den Verfügungsbereich der Technik stellt, ist für Selbstverdinglichung durchaus sensibel.

 

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Cognitive Enhancement Drogenpolitik

„Hirndopende“, „Soft-Enhancende“ und „Nicht-Anwender“

Deutsche Studenten sind reserviert gegenüber dem Hirndoping – die erste vernünftige Studie zum Thema zeigt die geringe Verbreitung des Phänomens

Begriffe formen die Welt, aber so richtig wollte sich nie jemand mit dem Begriff des „cognitive enhancement“ anfreunden. Also Hirndoping. Das impliziert zwar Illegalität, aber egal, dachten sich die universitären und medialen Wortschöpfer. Die Welle der Studenten und Angestellten, die sich mit allerlei Mittelchen in den hyperkognitiven Orbit schießen, wollte allerdings nie richtig anlaufen. Aus anekdotischen Berichten (Nature-Befragung), kruden Selbsterfahrungsartikeln ((;-))) und Studien (DAK-Erhebung unter Arbeitsnehmern) konnte wenig Konkretes gezogen werden – es rappelte gleichwohl in der Pressekiste (z.B. hier).

Gut, dass es den HISBUS gibt. In diesem Online-Panel finden regelmäßig Befragung von Studenten statt und, wichtig, die Ergebnisse sind repräsentativ für alle Studierenden in Deutschland. Zwischen Dezember 2010 bis Januar 2011 nahmen knapp 8.000 Studenten an einer Befragung teil, die den Dopingleidenschaften der kommenden wirtschaftlichen und kulturellen Intelligencia auf dem Grund gehen wollte. In den Ergebnissen (in ihre Gesamtheit hier als pdf) und ihrer Interpretation finden sich gleich mehrere erhellende Elemente.

Um den freizeitorientierten Gebrauch auszuschließen, wurde in der Untersuchung die entscheidende Frage gestellt: „Welche Substanz(en) haben Sie zur eigenen geistigen Leistungssteigerung und/oder zur Beruhigung (nicht aus Genussgründen oder im Rahmen ärztlicher Verordnung) eingenommen?“

Glaubt man den Antworten, dann haben nur 5% der Befragten jemals eine psychoaktive Substanz eingenommen, um gezielt leistungsfähiger oder entspannter zu werden. Ist das viel? Ist das wenig? Angesichts der verschiedenen Mittel, die hier angegeben wurden, wohl eher wenig. Denn nicht nur die klassischen „cognitive enhancer“ wie Ritalin und Modafinil fallen unter die Autoren-Definition des Hirndoping, sondern auch Drogen wie Cannabis, MDMA, Speed und Kokain sowie Arzneimittel wie Betablocker, Schmerzmittel, Schlafmittel und Antidepressiva. Zudem beruft sich knapp die Hälfte derjenigen, die eine derartige Substanz eingenommen haben, auf den „ganz seltenen“ Gebrauch der Mittel. Am häufigsten werden leistungssteigernde Mittel zur direkten Prüfungsvorbereitung eingesetzt.

In einem mutigen Schritt entschlossen sich die Autoren der Studie, die Studenten in drei Gruppen einzuteilen: „Hirndopende“, „Soft-Enhancende“ und „Nicht-Anwender“. Die Hirndoper sind die oben genannten 5%, die Soft-Enhancenden weitere 5%, die ihre Leistungen versuchen zu optimieren, indem sie Vitaminpräparate, homöopathische und pflanzliche Substanzen sowie Koffein einnehmen.

Erhellend sind ja immer die absoluten Zahlen. Von den 7.989 Studenten, die diese Frage beantwortet haben, gaben 100 (1,3%) Personen Medikamente, 97 (1,2%) Cannabis, 77 (1,0%) Ritalin, 49 (0,6%) Betablocker und 38 (0,5%) Amphetamin an. Die größte Gruppe ist allerdings die der nachkodierten Soft-Enhancer und damit Anwender von pflanzlichen bzw. homöopathischen Mitteln: 344 Personen (4,3%) fügten ein, dass sie mit solchen Mitteln nachhelfen würden. Der eine Zeit lang als der „cognitive enhancer“ schlechthin gefeierte Wirkstoff Modafinil wurde von 17 Personen (0,2%), darunter nur eine Frau, genannt.

Schränkt man die Auswertung auf die sogenannten Hirndopenden ein, nehmen mehr als ein Drittel (35 %) von diesen Medikamente verschiedener Art ein, um sich zu fördern. Cannabis wird von fast jedem vierten Hirndopenden (23 %) zur Bewältigung studienbezogener Leistungsanforderungen konsumiert, Ritalin von 18 % .

Interessant sind die Bezugsquellen dieser substanzaffinen Gruppe. Der Großteil (43%) erhält ihr Mentaldoping nämlich vom Arzt verschrieben oder kauft es sich in der Apotheke (42%). Gewusst wie: Die ärztliche Verschreibung wird von Medizinstudenten mit 62 % signifikant häufiger als von Studierenden anderer Fachrichtungen angegeben. Nur ein Zehntel der Hirndoper bestellt eine Substanz im Internet. Der Hirndoping-Markt, wenn man ihn denn so nennen will, organisiert sich also weitgehend auf legalen oder Off-Label-Wegen über das deutsche Gesundheitssystem. Die Autoren der Studie jedenfalls gehen davon aus, dass die Studierenden beispielsweise auf Rezept Schmerzmittel oder Betablocker erhalten, diese jedoch während der Krankheit nicht vollständig verbrauchen und sie später außerhalb der Indikation für Hirndoping-Zwecke einnehmen.

Als Randbemerkung wird der relativ hohe Anteil der Hirndopenden unter den Studierenden der Veterinärmedizin und des Studienbereichs Sport und Sportwissenschaften (18% bzw. 14%) erwähnt. Es dürfte interessant zu eruieren sein, was genau die Veterinärmediziner hier so gerne einnehmen. Vielleicht sollte man die Ketaminbestände in den Institutskellern mal genauer überprüfen.

Nicht um geistige Leistungssteigerung, sondern um die Linderung von Nervosität und Lampenfieber geht es den Meisten

Nun versucht man wie üblich, den Dopern besondere Persönlichkeitseigenschaften nachzuweisen. Wenn man es genau nimmt, unterscheiden sich die Doper von ihren Komilitonen nur wenig. Obwohl sich die Autoren dazu hinreißen lassen, Hirndopern mangelnde Gewissenhaftigkeit im Studium nachweisen zu wollen. Zitat: „Viele Hirndopende haben offenbar geringer entwickelte Fähigkeiten zu planvollem und organisiertem Vorgehen, was sich auch auf das Lernverhalten im Studium auswirken dürfte. Durch die Einnahme von leistungssteigernden Mitteln versuchen sie möglicherweise, unzureichende Organisationsfähigkeit und einen eventuellen Hang zu Prokrastination zu kompensieren.“ Das ist schön formuliert, anders gesagt nehmen diese sympathischen Mitbürger das Studium einfach etwas lockerer. Im entscheidenden Moment, kurz vor der Prüfung, wird dann durchgebüffelt, wobei es einen kleinen Anteil gibt, denen Kaffee dann nicht mehr ausreicht.

Wohlgemerkt geht es den Hirndopern überwiegend ohnehin nicht um geistige Leistungssteigerung, sondern um die Linderung von Nervosität und Lampenfieber. Daher die „hohen“ Werte für Betablocker und Medikamente. Nach ihrem Grund der Einnahme befragt waren Mehrfachnennungen möglich. Fast 50% der Doper wollen sich beruhigen, nochmal ein Drittel bekämpft Schmerzen. Selbst unter den als „Hirndopern“ definierten Studenten gaben nur 35% an, das Mittel eingenommen zu haben um schlauer zu werden.

Vieles spricht also dafür, das Phänomen „Hirndoping“ in die Mottenkiste der unscharfen Begriffe einzulagern. Hier wird nicht gedopt, sondern sediert, gefeiert und optimiert. Die Übergänge zwischen studentischer Vergnügungslust, Stressabbau, Gesundheitserhaltung über Ernährung und Nahrungsergänzung sowie lernorientierenden Konsumverhalten sind fließend. Und einer Stigmatisierung von Gesellschaftsgruppen zu „Hirndopern“ will ja wohl hoffentlich niemand Vorschub leisten. Ein Trend zu „leistungssteigernden Psycho-Pillen“, wie er gerne behauptet wird, so viel hat die Untersuchung klar gemacht, ist jedenfalls für deutsche Studenten nicht zu erkennen.

Erschienen in der Telepolis unter http://www.heise.de/tp/blogs/3/151391

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Cognitive Enhancement Gesundheitssystem

Interview mit dem Medizinethiker Roland Kipke über Selbstformung

telepolis, 01.05.2011

Neuro-Enhancement für ein gelingendes Leben?

Jörg Auf dem Hövel

Der Medizin-Ethiker Roland Kipke über die Veränderung und Verbesserung mentaler Eigenschaften durch Selbstformung und pharmakologische Mittel

Frage: Nach anfänglicher Scheu hat sich zur Beschreibung des Neuro-Enhancement in den Medien der Begriff des Hirn-Doping durchgesetzt. Ist das eine hilfreiche Analogie?

Roland Kipke: Im Gegensatz zu dem in der Fachdebatte benutzten Begriff „Neuro-Enhancement“ ist „Hirn-Doping“ weniger sperrig und leichter verständlich. Das Problem ist, dass mit dem Begriff des Dopings von vornherein eine negative ethische Bewertung nahegelegt wird. Denn im Sport, von wo der Begriff entlehnt ist, gilt Doping weithin als unanständig. Ich kann damit leben, von mir aus kann man auch „Hirn-Doping“ sagen, aber ich bevorzuge den Begriff „Neuro-Enhancement“.

Um zu einer ethischen Einordnung zu gelangen, vergleichen Sie Neuro-Enhancement mit dem Konzept der Selbstformung. Was beinhaltet Selbstformung?

Roland Kipke: Selbstformung ist die absichtliche und nicht-therapeutische Veränderung mentaler Eigenschaften durch mentale Arbeit an sich selbst. Diese mentalen Eigenschaften reichen von einzelnen Gewohnheiten über kognitive Fähigkeiten bis hin zu tief verankerten Charakterzügen. Selbstformung kann zum Beispiel in einem einfachen Konzentrationstraining bestehen, in einer Meditationspraxis oder in dem Versuch, sein soziales Verhalten zu ändern. Welche Form und welches Ziel Selbstformung auch hat, stets ist sie eine mentale Aktivität. Sie geht stets mit erhöhter Selbstaufmerksamkeit und Selbststeuerung einher und besteht immer in mehr oder weniger langfristiger Übung.

Ist der Besuch eines Coaches, um am Arbeitsplatz besser agieren zu können, noch Selbstformung oder schon Therapie? Oder spielt diese Grauzone für ihren Vergleich mit dem Enhancement keine Rolle?

Roland Kipke: Was Selbstformung und Neuro-Enhancement auf der einen Seite ist und eine therapeutische Maßnahme auf der anderen Seite hängt davon ab, was krank bzw. was gesund ist. Der Krankheitsbegriff wird nun zwar vielfach kritisiert. Doch wir kommen weder lebensweltlich noch wissenschaftlich ohne ihn aus. Und ein hinreichend komplexer Krankheitsbegriff ist trotz mancher Grauzone durchaus in der Lage, eine praktikable Unterscheidung zwischen Therapie und „verbessernden“ Maßnahmen zu ziehen.

Zu Ihrer konkreten Frage: Wenn Sie nicht in der Lage sind, die Anforderungen Ihres Arbeitsplatzes zu erfüllen, weil Sie krank sind, weil Sie über gewisse normale menschliche Funktionen nicht verfügen und dafür eine Hilfe suchen, ist diese Hilfe als Therapie einzustufen. Wenn Sie hingegen einen Coach aufsuchen, um „noch besser“ zu werden, handelt es sich um Selbstformung – vorausgesetzt natürlich, dass Sie selbst die Veränderung herbeiführen und sie nicht bloß passiv über sich ergehen lassen.

Unter welchen Aspekten haben Sie technisches beziehungsweise pharmakologisches Enhancement auf der einen Seite und Selbstformung auf der anderen Seite miteinander verglichen?

Roland Kipke: Ich habe sie in Bezug auf zwölf Aspekte personalen Lebens miteinander verglichen, die sich unter den vier Stichworten Identität, Freiheit, Moral und Glück versammeln. Dazu gehören unter anderem Authentizität, Selbsterkenntnis, Selbststeuerung, moralische Verantwortung, Selbstverwirklichung und die Orientierung an einem Lebensplan. Die Frage ist jeweils: In welchem Verhältnis stehen Selbstformung und Neuro-Enhancement zu diesen Fähigkeiten, Erfahrungsweisen und Selbstverhältnissen? Welche Folgen sind für sie aufgrund der spezifischen Handlungsstrukturen von Selbstformung und Neuro-Enhancement absehbar? Diese Frage ist von erheblichem ethischen Interesse, weil diese Fähigkeiten, Erfahrungsweisen und Selbstverhältnisse allesamt für uns Aspekte eines gelingendes Lebens sind.

Aber ist ein gelingendes Leben nicht hochindividuell?

Roland Kipke: Ja, was unter einem gelingenden Leben verstanden wird, ist je nach Individuum und Kultur teilweise sehr unterschiedlich. Das ist eine zentrale Einsicht der modernen Ethik, und deshalb sollte man mit Aussagen zum gelingenden Leben, die einen Anspruch auf Allgemeingültigkeit verfolgen, sehr vorsichtig sein. Allerdings schlägt diese Vorsicht oft in eine totale Urteilsenthaltsamkeit um. Die ist ebenso unberechtigt wie das andere Extrem eines glückstheoretischen Paternalismus, der die andere bevormundet, auch wenn es ihm – vermeintlich – um deren Wohl geht.

Wir teilen grundlegende Überzeugungen, was ein gelingendes Leben ausmacht.

Roland Kipke: Richtig, und diese Überzeugungen betreffen nicht Einzelheiten, nicht die Frage, ob man gerne Sport treibt oder lieber gemütlich im Café sitzt oder ob man Baguette oder Schwarzbrot bevorzugt, sondern um grundlegende Dinge, wie dass wir alle Selbstverwirklichung schätzen, das heißt die Verwirklichung zentraler Wünsche, oder dass wir eine gewisse Kohärenz unseres Lebens anstreben. Der Standardeinwand lautet hier: Auch diese Überzeugungen und Werte werden nicht von allen Menschen geteilt. Das mag sein, sie werden aber von nahezu allen Menschen in unserer Gesellschaft oder in unserem „Kulturkreis“ geschätzt. Das mag für eine allgemeine Ethik in ihrer Suche nach universell gültigen Aussagen unbefriedigend sein, für eine angewandte Ethik, der es um konkrete Fragen für konkrete Menschen geht, nämlich für uns, reicht es hingegen aus.

Selbststeuerung und Selbsterkenntnis werden durch Neuro-Enhancement nicht gestärkt

Betrachtet man nun beispielsweise den Aspekt der Selbststeuerung. Wie schneiden hier Neuro-Enhancement und Selbstformung ab?

Roland Kipke: Selbststeuerung ist die Fähigkeit, den eigenen Willen gegen innere Widerstände durchzusetzen. Komplizierter ausgedrückt ist es die Fähigkeit, dem eigenen Willen zuwiderlaufende Handlungsimpulse wie Affekte oder Gewohnheiten an ihrer Handlungswirksamkeit zu hindern und die Handlungsimpulse durchzusetzen, deren Handlungswirksamkeit man wünscht. Ein erhöhtes Maß dieser Selbststeuerung ist in jeder Selbstformung gefragt, denn es geht ja gerade darum, vorhandene Verhaltensweisen umzuformen, und das können auch rein mentale Verhaltensweisen wie die Konzentration sein.

Selbststeuerung ist also einerseits eine Voraussetzung von Selbstformung, andererseits wird sie in jeder Selbstformung geübt und somit gestärkt. Auch wenn jede menschliche Person diese Selbststeuerungsfähigkeit hat, ist das Maß, in dem wir über sie verfügen, doch sehr unterschiedlich. Selbstformung tendiert dazu, dieses Maß zu erhöhen. Und ein hohes Maß an Selbststeuerung schätzen wir. Sie macht das Maß unserer Willensfreiheit aus. Diesen positiven Effekt bietet Neuro-Enhancement nicht. Denn es funktioniert ja gerade ohne diese Aktivität der Selbststeuerung. Selbststeuerung ist nicht gefordert und wird dadurch auch nicht gefördert.

Und wie ist das bei der Selbsterkenntnis?

Roland Kipke: Auch hier wirken sich die unterschiedlichen Handlungsstrukturen von Selbstformung und Neuro-Enhancement aus. Denn Selbstformung funktioniert nur mit einem erhöhten Maß an Selbstaufmerksamkeit. Ich muss mir meine Eigenschaften bewusst machen, ich muss sie mit Aufmerksamkeit verfolgen, um sie verändern zu können. Selbstaufmerksamkeit ist zwar keine hinreichende, aber eine notwendige Bedingung für Selbsterkenntnis. Sicherlich wäre es falsch zu sagen, Selbstformung führt zwingend zu einem Mehr an Selbsterkenntnis. Aber sie hat auf jeden Fall eine Tendenz, Selbsterkenntnis zu befördern. Diese Tendenz hat Neuro-Enhancement nicht. Denn ich kann zwar die Wirkungen, die Neuro-Enhancer bei mir bewirken, mit erhöhter Aufmerksamkeit verfolgen, aber diese Selbstaufmerksamkeit ist nicht notwendig. Die erwünschte Veränderung kommt auch so zustande.

Was ist vor dem Hintergrund ihrer Erkenntnisse von diesem Satz zu halten: „Der Erleuchtung ist es egal wie du sie erlangst.“

Roland Kipke: Der Erleuchtung ist es vielleicht egal, aber uns kann es nicht egal sein, weil wir an einem gelingenden Leben interessiert sind. Und das besteht nicht allein in einzelnen Bewusstseinsinhalten, sondern in der Art, wie wir sind, erleben und uns zu uns selbst verhalten.

Vom Neuro-Enhancement kommt man schwer wieder los

Würden Sie denn dem Neuro-Enhancement zumindest den Status einer „Anschubfinanzierung“ mentaler Weiterentwicklung zubilligen wollen?

Roland Kipke: Wenn jemandem die mentalen Voraussetzungen fehlen, um sich selbst formen zu können, wem also zum Beispiel das nötige Mindestmaß an Selbststeuerung fehlt, dem könnte vielleicht mithilfe medizinischer Mittel geholfen werden, um das nötige „Startlevel“ zu gelangen. Nur würden wir so jemanden als krank ansehen und die Hilfe wäre Therapie und kein Neuro-Enhancement. Das wäre ohne Zweifel legitim. Ob darüber hinaus auch Neuro-Enhancement als Anschubfinanzierung in Frage kommt? Ich schließe das nicht völlig aus.

Sie sind also nicht strikt gegen Neuro-Enhancement?

Roland Kipke: Nein, aber meine Sorge ist, dass man, wenn man einmal damit anfängt und die Erfahrung macht, dass es funktioniert, schwer davon loskommt. Nicht im Sinne einer Sucht, sondern im Sinne einer Gewöhnung an einen einfachen Weg. Gegen eine Vereinfachung ist zwar an sich nichts zu sagen, wir schätzen ja die Vereinfachung durch Technik, aber die Vereinfachung mittels Neuro-Enhancement hat den gravierenden Nachteil, dass sie bestimmte wertvolle Erfahrungen und Selbstverhältnisse nicht ermöglicht oder nicht zu ihrer Stärkung beiträgt. Dass Selbstformung hingegen das Potenzial dazu hat, ist nicht so leicht zu erkennen, weil diese Erfahrungen und Selbstverhältnisse gerade durch das entstehen, was auf den ersten Blick als Nachteil von Selbstformung aussieht: die nötige mentale Aktivität, die Langsamkeit, die Anstrengung. Deshalb sehe ich eine „Anschubfinanzierung“ durch Neuro-Enhancement eher kritisch. Aus ihr droht eine Dauerfinanzierung zu werden.

Hat sich das sinnstiftende Element des „Besserwerden“ in der heutigen Zeit vielleicht überlebt, weil es in erster Linie der Zementierung ökonomischer Verhältnisse dient? Enhancement wird doch zur Zeit in erster Linie in militärischen und leistungsbezogenen Zusammenhängen diskutiert.

Roland Kipke: Sicherlich liegt dem Streben nach Selbstverbesserung zum Teil die Motivation zugrunde, in bestimmten ökonomischen Verhältnissen zurechtzukommen. Diese Tatsache entwertet aber dieses Streben nicht zwingend. Die Pointe meines Buches ist ja gerade: Egal welche Motivation dem Streben nach Selbstverbesserung zugrunde liegt und welche Eigenschaft man anstrebt – die selbstformerische Art, sich selbst zu verbessern, hat das größere Potenzial, einen Beitrag zu einem gelingenden Leben zu leisten.

Will der Mensch tatsächlich immer besser werden? Oder sind ihm andere Faktoren wie Anerkennung oder Liebe ebenso wichtig?

Roland Kipke: Ich glaube schon, dass wir allesamt besser werden wollen. Auch wenn wir versuchen, gerade nicht immer besser werden zu wollen, streben wir damit eine Eigenschaft an, die in unseren Augen besser ist. Aber die Annahme, dass alle Menschen besser werden wollen, ist für meinen Ansatz überhaupt nicht notwendig. Ich sage nur: Wenn jemand besser werden will, dann hat der Weg dieses Besserwerdens erhebliche Bedeutung für ihn. Und selbstverständlich: Besserwerden und Besser-Werden-Wollen ist bei weitem nicht alles, was es für ein gelingendes Leben braucht.

Überforderung durch die Angebote und Aufforderungen zur Selbstverbesserung?

Das klingt so, als ob Neuro-Enhancement wie Selbstformung weitere Techniken sind, die gewachsene Autonomie des Menschen noch weiter auszudehnen. Diese Autonomie, hier verstanden als der Zwang, seine Fähigkeiten ständig für seine persönliche Entwicklung einsetzen zu müssen, lässt uns doch aber schon heute reichlich unbehaglich im Raum stehen.

Roland Kipke: Was soll eine Autonomie sein, die in Zwang besteht? Autonomie ist gerade das Gegenteil von Zwang. Meinen Sie, dass wir uns zur Veränderung unserer Eigenschaften um unseres beruflichen Vorankommens willen gedrängt sehen? Ja, sicherlich gibt es das. Doch auch dann kann ich freiwillig versuchen, mich selbst zu verändern. Und auch wenn es eine im strengen Sinne unfreiwillige Selbstveränderung gibt, diskreditiert das nicht den großen Bereich freiwilliger Selbstveränderung.

Interessanterweise gibt es auch hinsichtlich des Autonomiegrades einen Unterschied zwischen Selbstformung und Neuro-Enhancement. Erstens ist bei Neuro-Enhancement ein echter Zwang oder die Umgehung des eigenen Willens sehr viel einfacher möglich. Zweitens: Auch wenn man freiwillig handelt, kann man feststellen, dass man nicht den langfristigen Wünschen und eigenen Wertvorstellungen entsprechend gehandelt hat. Das kennen wir: Wir wollen etwas und hinterher stellen wir fest, dass wir es eigentlich doch nicht wollten. Diese Erfahrung ist bei Neuro-Enhancement viel wahrscheinlicher, eben weil es so leicht und schnell zu machen ist. Selbstformung hingegen dauert lang und ist mühsam. Ich bin dadurch immer wieder quasi gezwungen, mich mit meinen handlungsleitenden Wünschen nach Selbstveränderung auseinanderzusetzen. Das Befolgen eines sozialen Drucks, das Mitschwimmen mit einer Mode ist daher unwahrscheinlicher. Selbstformung hat eine Tendenz zu einer starken Autonomie.

Meine Frage zielte eher auf die Unfähigkeit mancher Menschen ab, die vielen Wahlmöglichkeiten und Freiheitsspielräume für ein gelingendes Leben zu nutzen, weil sie schlicht überfordert sind. In dieser Hinsicht scheinen mir sowohl Neuro-Enhancement als auch Selbstformung weitere Techniken in der Angebotspalette einer extrem individualisierten Gesellschaft zu sein.

Roland Kipke: Zunächst ist Selbstformung ja nichts Neues. Menschen formen sich seit jeher selbst. Also kann man nicht sagen, dass nun auch noch das Angebot der Selbstformung hinzukomme. Das gilt höchstens für einzelne Methoden. Vor allem aber bewerte ich das Angebot an Möglichkeiten, sich selbst zu verändern, nicht als negativ. Im Gegenteil, ich schätze die Freiheitsspielräume. Ich sehe auch nicht, dass Menschen durch das Angebot an Selbstveränderungsmöglichkeiten überfordert sind. Wer sagt denn „Es gibt so viele Möglichkeiten der Selbstveränderung, ich weiß nicht, welche ich wählen soll?“ Ich finde es allemal schwieriger, mich mit verschiedenen Handytarifen zu beschäftigen. Was aber tatsächlich anstrengend ist oder einen gar überfordert, ist nicht zu wissen, was man will. Hier kann aber gerade Selbstformung eine Hilfe sein, weil man sich aktiv und aufmerksam mit sich selbst auseinandersetzt. Sich selbst zu formen kann das Selbstverstehen erhöhen. Selbstformung ist ein Mittel, um seine Identität zu klären. Neuro-Enhancement ist dazu aufgrund seiner spezifischen Handlungsstrukturen weniger in der Lage. Und schließlich kann Selbstformung auch darin bestehen, eine Haltung zu entwickeln, mit dem Angebot an Möglichkeiten zurecht zu kommen, eine Gelassenheit zu entwickeln, vielleicht auch eine Zufriedenheit mit der eigenen Persönlichkeit.

Ich muss noch einmal nachhaken: Sie denken also nicht, dass es ein berechtigtes Unbehagen bei vielen Menschen darüber gibt, im Gegensatz zu früher ständig neue Methoden der Selbstoptimierung ausprobieren zu müssen, um im Wettbewerb zu bestehen?

Roland Kipke: Grundsätzlich beurteile ich die Möglichkeit, sich selbst nach eigenen Vorstellungen verändern zu können, als positiv. Zweitens halte ich die Einschätzung, dass Menschen „ständig neue Methoden der Selbstoptimierung ausprobieren müssen“, für überzogen und deshalb falsch. Drittens: Wenn aber solch ein Druck vorhanden wäre, würde ich es für sehr problematisch halten. Viertens: Solch ein Druck würde vor allem durch wirksame Neuro-Enhancer entstehen, weniger durch das Angebot von Selbstformungsmethoden.

Literatur:
Roland Kipke: Besser werden. Eine ethische Untersuchung zu Selbstformung und Neuro-Enhancement, Paderborn, Mentis Verlag 2011

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Cognitive Enhancement

Hirndoping im Schach

telepolis, 09.02.2011

Jenseits des Schwarz-Weiß Denkens

Jörg Auf dem Hövel

Ist Hirndoping im Schach möglich? Eine praxisnahe Studie sucht Aufklärung

Der legendäre Schachgroßmeister und TV-Kommentator Helmut Pfleger unternahm 1979 einen heroischen Selbstversuch. Vor einer Partie gegen den Ex-Weltmeister Boris Spasski nahm Pfleger einen sogenannten Beta-Blocker ein – wohlgemerkt mit dem Wissen Spasskis. Beta-Blocker galten damals wie heute als probates Mittel gegen Nervosität vor öffentlichen Auftritten. Sie senken in erster Linie den Blutdruck. Pfleger verlor, wie er selber sagte, „sang- und klanglos“, weil sein Puls im Keller und die Gleichmut groß war. Er testete die Substanz noch bei einigen Sportkameraden, die Ergebnisse waren seiner Aussage nach „widersprüchlich, einmal sogar eindeutig schlecht“.

Schach gilt als eine der letzten dopingfreien Domänen. Die Verantwortlichen sind sich seit Jahrzehnten der Sauberkeit ihres Denksports sicher. Umso größer war die Aufregung, als das deutsche Innenministerium den Schachverbänden vor einigen Jahren nahe legte, die Anti-Doping-Statuten zu unterzeichnen. Man drohte mit dem Streichen der Fördermittel. Seit 2009 hat sich der Deutsche Schachbund dem Code der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) unterworfen. Bei den deutschen Einzelmeisterschaften der Frauen, der Männer sowie der Juniorinnen und Junioren gibt es seither je drei Kontrollen.

Über die potentiellen Möglichkeiten von Hirndoping wird viel spekuliert, aber wenig ist bewiesen. Die oft genannten Kandidaten sind, neben Koffein, das als „Ritalin“ bekannte Methylphenidat und das bei Narkolepsie eingesetzte Modafinil. Keine der Substanzen konnte aber bislang ihren Ruf als Hirndopingmittel gerecht werden. Sie helfen, wenn überhaupt, nur übermüdeten Menschen, länger wach zu bleiben. Intelligenteres Handeln wurde noch nicht beobachtet.

Zusammen mit dem Internisten Harald Balló, der zudem Präsident des Hessischen Schachverbandes ist, führt die Universität Mainz nun eine interessante, weil praxisbezogene Studie durch. 40 Schachspieler werden ihrer ELO- Stärke entsprechend gegen das Schachprogramm „Fritz“ antreten. Sie spielen 40 Partien Schnellschach, wobei sie doppelblind entweder Koffein, Methylphenidat, Modafinil oder einen Placebo erhalten. Jeder Spieler erhält dabei jede Substanz genau einmal. Die Dosierungen werden sich im üblichen Rahmen bewegen: 200 mg (das entspricht zwei Tassen Kaffee) bei Koffein, wahrscheinlich 200 mg bei Modafinil. Beginn der Studie ist im März, Teilnehmer werden noch gesucht. Mit den Ergebnissen ist nicht vor dem Herbst 2011 zu rechnen.

Die Untersuchung dürfte einen Einblick in das reale Potential von Doping im Denksport geben. Bislang gelten Schachpartien als zu diffizil, um mit Aufputschmitteln wie Amphetaminen positiv gelenkt werden zu können, überhastetes Handeln ist unerwünscht. Koffein ist zwar beliebt unter Schachspielern, bei hohen Dosierungen können aber die negativen Kreislaufwirkungen überwiegen, zudem kann das klaren Denken gestört werden. Eine kurze Zeit lang stand Koffein auf der Dopingliste, heute ist das Verbot aufgehoben. Das intellektuelle Ethos der Spieler ist zudem hoch, man ist Stolz auf die reine Denkleistung im traditionellen „Spiel der Könige“.

Dies und wohl auch die fehlenden Kontrollen sind der Grund dafür, dass bislang auf großen Schachturnieren keine Dopingfälle bekannt geworden sind. Es wurde immer wieder vermutet, dass einige Spieler in langen Partien mit Amphetaminen nachhelfen, nachgewiesen werden konnte bislang nichts. Sollte die Mainzer Studie allerdings einen positiven Effekt von Hirndoping nachweisen, dürfte die psychoaktiven Helferlein von einigen Schachspielern sicherlich genauer in Augenschein genommen werden.

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Interview mit dem Philosophen Oliver Müller über chemo- und neurotechnologische Umbaumaßnahmen an Körper und Geist

telepolis, 20.08.2010

Wenn Technik Lösungen, aber keine Antworten bietet

Der Philosoph Oliver Müller arbeitet am Institut für Ethik und Geschichte der Medizin in Freiburg und hat jetzt ein erhellendes Werk über den Einzug technischer Optimierungen in Lebenswelt und Körper des Menschen geschrieben. Im Interview beschreibt er, welche Auswirkungen diese Technisierungsprozesse auf Selbstsein und Selbstverständnis haben können.

Der Gegensatz von Natur und Technik ist bis heute Grundlage vieler Überlegungen zu Stellung des Menschen in der Welt. Wo liegen aus Ihrer Sicht die Grenzen dieser Dichotomie?

Oliver Müller: Auch wenn sie meiner Meinung nach nicht als völlig obsolet betrachtet werden darf, kommt die Dichotomie von Natur und Technik vor allem in anthropologischer und ethisch-normativer Hinsicht an ihre Grenzen. Epistemologisch-phänomenologisch kann man im Normalfall dann doch meist unterscheiden: Viele technische Eingriffe verändern die Natur nachhaltig, doch bleibt das veränderte „natürlich“ – sei es der Schwarzwald (den es in der heutigen Form – mit dem Fichtenbestand – Anfang des 19. Jahrhunderts noch nicht gab) oder ein durch künstliche Befruchtung auf die Welt gekommenes Kind. Selbst in der Synthetischen Biologie, deren Produkte „living machines“ genannt werden, sind es zwar synthetisierte, aber doch lebende Mikroorganismen.

Beim Menschen ist das anders: Da ist es schwer zu sagen, was ist ganz natürlich und was ist kulturell und technisch überformt. Wir nehmen Medikamente, fahren Autos und implantieren Hirnchips. Dabei können massive Anpassungsvorgänge eine Rolle spielen und es kann zu weitreichenden Eingriffen kommen – doch macht uns diese „natürliche Künstlichkeit“, die typisch für die menschliche Lebensform auch nicht zu komplett „künstlichen“ Wesen, gleichzeitig wollen wir ohne das „Künstliche“ und „Technische“ gar nicht leben, identifizieren uns mit dem hochkomplexen Kulturraum. Trotzdem empfinden wir bestimmte Techniken als „natürlich“ oder integrierbar in eine als „natürlich“ empfundene Lebensweise. Und das führt uns zu der ethisch-normativen Dimension dieser Unterscheidung.

Häufig wird dem Natürlichen ein Wert zugemessen, der respektiert werden soll und das technische Handeln wird in irgendeiner Weise als problematisch angesehen. Doch so eins-zu-eins kann man weder aus der Natur noch auch der Technik Normatives ableiten. Dazu braucht es zusätzliche Argumente, bedarf es eines anthropologisch-ethischen Rahmens, in dem die Unterscheidung von Natur und Technik überhaupt sinnvoll eingesetzt gemacht werden kann. Dann kann aus der Begrenzung der normativen Reichweite – das klingt paradox – normativ Fruchtbares gemacht werden.

Ist denn aus Sicht der Philosophie so etwas wie ein unverbauter, tiefer Einblick in natürliche Zusammenhänge überhaupt möglich? Anders formuliert: Wartet auf dem Grund philosophischer Erkenntnis eine naturgegebene Ebene, deren Erkennen Richtlinien vorgeben kann?

Oliver Müller: Da müsste man gegenfragen: Was ist ein tiefer Einblick in natürliche Zusammenhänge? Ich denke, die Philosophie kann versuchen, die verschiedenen Weisen, das Natürliche zu verstehen und mit ihm umzugehen, präsent halten. Wenn Philosophie die kritische und selbstkritische Klärung der wichtigen, der interessanten und existenziellen Begriffe und Konzepte einer Zeit zum Ziel hat, dann muss sie sich auch der Natur und dem Natürlichen annehmen: Wie kann man sinnvoll nach dem Natürlichen fragen? Und dann kann man das auffächern: wissenschaftstheoretisch (welcher Naturbegriff liegt den Naturwissenschaften zugrunde?), anthropologisch (kann man gehaltvollerweise von einer „Natur des Menschen“ reden?) oder ethisch (inwiefern kann das Natürliche Handlungsorientierung bieten?) und so weiter. Und dann muss man sich eben einer dieser Fragen annehmen und sie genau analysieren und die Antworten streng prüfen. Wenn ich Sie richtig verstehe, dann hat Ihre Frage nach dem Erkennen und den daraus folgenden Richtlinien eine ethische Zielrichtung…

Anders formuliert, würde sie lauten: Kann das, was ich als „natürlich“ erkannt habe, im Gegensatz zum Künstlichen, Technischen, Kulturellen, zu normativen Richtlinien des Handelns führen?

Oliver Müller: Hier würde ich nun sagen, dass die Philosophie moderieren kann, sie kann sagen, die Erläuterung der Funktionsweise von Peptidverbindungen als Erklärung von bestimmten natürlichen Vorgängen ist auf einer anderen Ebene anzusiedeln als die „Natürlichkeit“ einer Lebensweise. Letzterem kann man sich etwa metaphorologisch nähern und fragen: Inwieweit spielen die Vorstellungen des „Organischen“ oder des „natürlichen Gedeihenkönnens“ für die ethische Orientierung eine Rolle. Dass das eine sinnvolle Frage ist, zeigt die anhaltende Konjunktur des Aristotelismus. Doch wird man vermutlich sagen, die Richtlinien des Handelns lassen sich nicht auf diese metaphorischen Hintergrundvorstellungen reduzieren, das wäre schräg. Und dann müsste man diesen „Daseinsmetaphern“ einen Ort in der ethischen Theorie zuweisen und entwickeln, dass sie eine bestimmte Funktion ausfüllen, die vielleicht der Person-Begriff nicht mitabdecken kann.

Gleichzeitig muss man dabei aufpassen: Der direkte Verweis auf die Natur kann ja, wie Hume angemerkt hat, von einem unrechtmäßigen Schluss vom Sein auf ein Sollen führen. Gleichzeitig kann der Verweis auf die Natur zynisch oder chauvinistisch sein, etwa wenn man sexuelle Orientierungen als „widernatürlich“ bezeichnet. Das heißt, man muss sich genau anschauen, welcher Art der Begriff oder die Metapher des Natürlichen ist, den man fruchtbar machen will. Auf diese Weise würde man auch weitere für die Ethik relevante Natur- oder Natürlichkeitsbegriffe näher untersuchen, wie etwa den Körper, den Leib. Der Leib als die „Natur, die wir selbst sind“, wie Gernot Böhme das genannt hat, wird in ethischen Theoriebildungen oftmals marginalisiert. Und dann muss man fragen, warum das so ist und gegebenenfalls die leibliche Existenz anthropologisch und ethisch gehaltvoll machen. So kann die Philosophie durch eine Differenzierung der Fragestellung zu Antworten beitragen, die vielleicht präziser sind als die Antworten, die man vorher hatte.

Will man diese Methode konkret am Fall der Diskussion um die Selbstoptimierung durch chemisches oder neuro-technisches Enhancement anwenden, so könnte man beispielsweise fragen, welchen Sinngehalt „Optimierung“ heute zugemessen wird.

Oliver Müller: Genau. Die Verständigung über das, was wir in diesem Zusammenhang genau als „Optimierung“ bezeichnen, ist für die ethische Einschätzung des Enhancement von zentraler Bedeutung. Mir scheint, als würden in der Debatte immer wieder Kategorienfehler begangen. Denn von der Verbesserung des Menschen zu reden, hat eine lange kulturgeschichtliche Tradition, Menschen wollten und sollten schon immer in moralischer oder körperlicher Hinsicht verbessert werden, die Perfektibilität galt als Auszeichnung des Menschseins. Und diese als wertvoll erachteten Verbesserungstendenzen des Menschen scheinen mitgemeint zu sein, wenn von neurotechnischer „Verbesserung“ oder ähnlichem die Rede ist.

Doch ist genau an dieser Stelle eine anthropologische Reflexion von Bedeutung: Denn das, was mit einem Medikament verbessert wird, muss erst in seiner Bedeutung für die menschliche Lebensführung qualifiziert werden. Die gesteigerte Konzentrationsfähigkeit, die bei Prüfungen nützlich sein kann, oder der modulierte Stimmungshaushalt, der eine Person gesellschaftsfähiger machen mag, sind nur in bestimmter Hinsicht Optimierungen, in anderer Hinsicht können sie Verschlechterungen sein, etwa wenn die Einnahme von Medikamenten zu einer Selbstinstrumentalisierung führt, wenn sich eine Person also nur um des guten Funktionierens willen zu optimieren trachtet. Und an dieser Stelle kann es eben bedeutsam sein, sich des „Natürlichen“ oder „Organischen“ der Lebensführung als Richtwert zu erinnern.

Was die Stoa „nach der Natur leben“ nannte, hat nichts mit einem zivilisationskritischen „Walden“ zu tun. Es ging um die Etablierung von Orientierungsfiguren für die Lebensführung. Und da kann unter Umständen das Gefühl der „organischen Entwicklung“ oder des „Gedeihenkönnens“ stimmiger sein als die Logik des Enhancements, quasi auf Knopfdruck pharmakologische Lösungen für Herausforderungen in bestimmten Lebenssituationen anzubieten. Es geht also nicht darum zu sagen, die Enhancements seien „wider die Natur“. Das ist Quatsch. Aber die Reflexion über das Natürliche kann helfen, einen Rahmen zu etablieren, in dem die Beantwortung der ethischen Fragen der individuellen Lebensführung zumindest bereichert wird.

Dazu kommt die Aufgabe, Enhancement-Techniken vor dem Hintergrund ihrer historischen Entwicklung zu betrachten. Bei den Medikamenten zeigt sich hier eine Linie von den Stimulanzien, wie sie beispielsweise im 2. Weltkrieg von deutschen Fliegern benutzt wurden, bis hin zum heutigen Modafinil, das an britische Truppen verteilt wurde. Wie kommt es, dass diese Aufputschmittel, trotz mangelnder wissenschaftlicher Basis, nun als „Neuro-Enhancer“ bezeichnet werden?

Oliver Müller: Das ist eine gute Frage. Mir scheint da eine merkwürdige Allianz von wissenschaftlicher Rationalität und mythisch-magischen Praktiken bzw. Sehnsüchten eine große Rolle zu spielen. Offenbar gibt es ein menschliches Grundbedürfnis, sich mit Pharmaka selbst zu formen, andere Seelenzustände zu erkunden oder ähnliches.

Schon in der Antike dient das „pharmakon“ immer wieder als Begriff, aber auch als Metapher, um philosophische oder anthropotechnische Selbstformungen zu thematisieren und zu propagieren. Zaubertränke gibt es in der Kulturgeschichte zuhauf, bei „Tristan und Isolde“ ist es sogar so, dass die pharmakologisch induzierte Liebe als besonders „authentische“ gilt. Und diese mythisch-magische Folie der Selbsteinwirkungen wird nun in der modernen Zivilisation rationalisiert, indem die Aura, das Versprechen, sich selbst zu verbessern, als technisch generierbar, als machbar auf der Basis gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse gilt.

Es entspricht der Logik der Technik, Lösungen auf Knopfdruck anzubieten, perfektes Funktionieren zu garantieren. Dies kann sich dazu ausweiten, dass in einer Art technologischem Imperativ alles „Imperfekte“ am Menschen – oder eben am Soldaten – technisch kompensiert werden muss. Und auch wenn nicht in allen Fällen klar ist, in welcher Weise das vermeintlich Imperfekte perfektioniert wird oder welche Wirkungen und Langzeitfolgen manche Medikamente überhaupt haben, findet hier eben ein Überlagerungsvorgang statt: Der technologische Imperativ der Selbstkorrektur ist nur eine Ausdrucksform für mythische Sehnsüchte nach dem ultimativen pharmakon.

Es ist sicherlich so, dass die Pharma-Industrie von diesem Vorgang profitiert. Inwieweit sie bei der Lancierung des Begriffs „Enhancement“ eine Rolle spielt, weiß ich nicht zu sagen, doch es ist jedenfalls so, dass manche Ethiker vorschlagen, statt „Hirndoping“ den Begriff „Enhancement“ zu verwenden, weil er „neutral“ sei – aber genau das ist nicht der Fall. Dadurch dass Enhancement „Steigerung“ oder „Verbesserung“ bedeutet, liegt auch in diesem Ausdruck schon etwas Tendenziöses. Oder anders gesagt: Im Enhancement feiert die mythisch-magische Sehnsucht nach pharmakologischer Selbsttranszendierung im Gewand des Sachlich-Rationalen fröhliche Urständ…

Das menschliche Grundbedürfnis seine Umwelt und sich selbst mittels Technik zu perfektionieren, braucht Richtwerte. Sind uns diese in den westlichen Industriegesellschaften im Rahmen der von ihnen „Selbstinstrumentalisierung“ und „Selbstverdinglichung“ genannten Prozesse verloren gegangen?

Oliver Müller: Selbstinstrumentalisierung und Selbstverdinglichung sind nach meinem Verständnis Deutungsmuster, mit denen man Grenzen von Technisierungsprozessen ermitteln kann. Ich verstehe Technisierungsprozesse als in ihrer Grundstruktur ambivalent: Die Technik erschließt uns unsere Wirklichkeit, kann sie aber auch verarmen, in dem Sinne, dass andere Wirklichkeitsbereiche durch die Technik dominiert werden. Die Technik hilft uns, die Wirklichkeit zu kontrollieren, kann aber sie auch beherrschen, Technisierung ist immer auch Ersparnis von Zeit, kann aber auch zu Beschleunigungsvorgängen führen, mit denen wir nur noch schwer zurechtkommen können. Mir geht es nicht darum, die Technik zu verteufeln, das wäre unsinnig, denn der Mensch ist ganz wesentlich Techniker. Ich will vielmehr zeigen, dass wir kritischer Deutungsmuster bedürfen, um sensibel zu sein für negative Auswirkungen von Technik.

Was bedeutet das für das Enhancement-Beispiel?

Oliver Müller: Die moderne Medizintechnologie wird uns immer mehr Präparate und Techniken zu Verfügung stellen, nicht mehr nur therapeutisch, sondern optimierend auf uns einzuwirken. Zu Selbstinstrumentalisierung wird der Einsatz dieser Technik, wenn die Selbstbezugnahme einseitig wird, wenn alternative Selbstverbesserungsmöglichkeiten verloren gehen oder marginalisiert werden. Zur Selbstverdinglichung wird das Enhancement, wenn ich mein Leben nach Maßgabe dieser Techniken ausrichte und etwa defiziente Erfahrungen im Kontext leistungsgesellschaftlicher Anpassungsvorgänge chemisch ausgleiche. Wenn ich die pharmakologische Nachbesserung an meinem Selbst für gerechtfertigt halte, dann interpretiere mich schon, als wäre ich eine Maschine.

Und welche Richtwerte schlägt die Philosophie vor?

Oliver Müller: Richtwerte würden in den Aufgabenbereich der philosophischen Ethik fallen. Dabei sind unterschiedliche Ebenen zu betrachten: Erstens muss die Ethik, müssen Ethiker angesichts weitreichender Handlungsmöglichkeiten des Menschen – der Mensch ist immerhin das einzige Tier, das böse sein kann – diejenigen unverrückbaren Grenzen und Normen formulieren, die das Rückgrat unserer Kultur bilden, die menschliches Leben überhaupt garantieren können. Beispiele hierfür sind die Menschenwürde oder die Respektierung individueller Autonomie.

Zweitens geht es in der Ethik aber auch darum, die Zumutungen der conditio human in Lebenspraxis umzusetzen. Hierunter verstehe ich nicht nur die Tradition des Nachdenkens über das „gute Leben“ oder die „Sorge um sich“, sondern überhaupt den Umgang mit der eigenen Endlichkeit, Gebrechlichkeit, Fragilität. Um mit den Unbilden des Lebens umgehen lernen zu können, bedarf es grundsätzlicher anthropologischer und sozialer Reflexionen über die Eigenarten der humanen Lebensform. Und dazu gehört auch eine Verständigung über die Rolle der Technik in unserem Leben.

Welche Aspekte unseres Dasein wollen wir in den Verfügungsbereich der Technologien rücken und welche nicht? Also geht es in der Ethik immer auch um die Selbstverortung in der wissenschaftlich-technischen Zivilisation. Die Normen und Lebensregeln, die aus solchen Überlegungen gezogen werden können, sind natürlich anderer Art als der Rekurs auf die Würde. Hier spreche ich eher von Orientierungsnormen, Maßstäben oder Richtwerten, die eine andere Art von Verbindlichkeit haben – die aber helfen, das individuelle Leben zu strukturieren. Was von großer Bedeutung ist, denn es ist charakteristisch für Menschen, dass sie sich in einem Netz von normativen Vorstellungen bewegen und unzählige Meinungen darüber haben, wie etwas sein soll, wie ein Leben geführt werden soll, was gar nicht „geht“ – derartige kryptonormative Vorstellungen gilt es explizit zu machen, zu bündeln, zu hinterfragen.

Wenn es gut läuft, dann schiebt die Enhancement-Debatte doch die öffentliche Thematisierung der menschlichen Selbstdeutung an. Ab wann führen technische Einflussnahmen auf den Körper zur Mechanisierung menschlicher Selbstdeutung? Ein Problem dabei ist doch sicherlich, dass die Definition des Selbst so schwierig und hoch individuell ist.

Oliver Müller: Die Definition des Selbst ist schwierig, ist eine große philosophische Herausforderung. Das werde ich hier nicht versuchen. Was hier jedoch wichtig ist: Der Mensch ist das sich selbst interpretierende Wesen, wie Charles Taylor sagt. Das heißt: Wie man sich selbst deutet – in einer anderen Sprache: Welches Menschenbild man hat –, wirkt sich auf die Bewertung von Handlungen und Einschätzung von Lebensweise aus. Daher sind Veränderungen in der Selbstdeutung ein herausragendes Thema der Ethik. Diese sind natürlich schwer zu protokollieren, doch ich bin davon überzeugt, dass hier einer der Knackpunkte in der Bewertung von Technisierungsprozessen im Allgemeinen und des Enhancement im Speziellen liegt.

Um ein extremes Beispiel zu verwenden: Wenn sich Menschen als im Prinzip unfreie, fremdgesteuerte Wesen verstehen, dann wird sich dies auch auf ihre Begriffe von Verantwortlichkeit und Schuld auswirken, falls sie diese überhaupt noch im ethischen Repertoire haben. Im Enhancement-Kontext heißt das: Wenn die vorherrschende Selbstdeutung diejenige ist, dass Menschen physiologisch imperfekte Maschinen sind, die man pharmakologisch und technologisch verbessern kann und sollte – dies ist übrigens eine der Grundüberzeugungen des Transhumanismus –, dann wird man die entsprechenden Medikamente und Techniken nicht nur sorgloser einsetzen, sondern diesen Einsatz auch fordern… Wenn die Selbstdeutung derartige Auswirkungen auf die individuelle und gesellschaftliche Praxis hat, dann kann man in der Tat von einer „Mechanisierung menschlicher Selbstdeutung“ reden.

Es ist eine Illusion, dass wir unsere Beschränkungen jemals vollständig überwinden können, weil ja hinter jeder überwundenen Schranke eine neue wartet. Sollte man zu mehr Bescheidenheit aufrufen?

Oliver Müller: Ob Bescheidenheit hier die richtige Tugend ist, weiß ich nicht, ich würde vielleicht sagen, dass dies eine Sache der Klugheit ist, der phronesis, also der Fähigkeit, Situationen nüchtern einzuschätzen und ausgewogene Urteile zu fällen, auf deren Basis man dann handelt. Und dann kann es in der Tat hilfreich sein, Enhancement-Maßnahmen auf ihre Kurzsichtigkeit hin zu untersuchen.

Wenn mit einem verbessernden Eingriff auch ein bestimmtes Lebensgefühl des Erfolgs, der „Unschlagbarkeit“ oder der souveränen Lebensgestaltung verbunden ist, dann ist es eben klug abzumessen, ob das entsprechende Medikament denn auch wirklich die Grundsituation verändert oder ob es nicht nur auf Symptome reagiert. Und wenn man zum dem Schluss kommt, dass sich die Lebenssituation durch Enhancement-Einnahmen nicht wesentlich und nur kurzfristig ändert, dann kann man den Einsatz von Enhancements vor diesem Hintergrund ethisch beurteilen.

Sind wir automatisch in der technischen Logik gefangen, sobald wir eine Technik anwenden, um unsere Denken oder Fühlen zu verändern, man denke an Meditationstechniken?

Oliver Müller: Ich denke nicht, dass wir automatisch in einer technischen Logik „gefangen“ sind, wenn wir Technik anwenden. Denn wir können als Menschen gar nicht umhin, Technik anzuwenden, Technik gehört, wie schon gesagt, zum Menschsein dazu. Aber es kann eben sein, dass die Anwendung von Techniken andere Erfahrungsbereiche oder Rationalitätstypen dominiert – das war übrigens eines der Hauptargumente von Ernst Cassirer -, und dann kann die Technik, die den menschlichen Freiheitsspielraum erweitert, in ihr Gegenteil umschlagen und Freiheiten unterbinden, etwa wenn mit der Technisierung Normierungs- und Standardisierungsprozesse verbunden sind, die ein spezifisches Repertoire an Handlungen nahelegen oder nur noch diese ermöglichen.

Ich finde es sehr interessant, dass Sie in diesem Kontext Meditationstechniken erwähnen. Denn zur Zeit gibt es ja viele Annäherungsversuche zwischen Neurowissenschaftlern und Buddhisten oder anderen Meditationstechnikern. Ich bin sehr gespannt, was bei diesen Begegnungen längerfristig herauskommt. Wir können zum einen sicher sehr viel lernen, wie neurobiologische Prozesse mit meditativen Bewusstseinszuständen korrelieren. Das finde ich spannend. Doch es kann eben auch sein, dass das Bedürfnis entsteht, die Meditationstechniken auf der Basis neurobiologischer Erkenntnisse zu „verbessern“. Es ist nicht schwierig, sich eine Welt vorzustellen, in der sich Meditationstechniken als Anthropotechniken etablieren – Meditationstechniken dienen ja auch heute schon dazu, groteske, scheinbar systembedingte Arbeitsbelastungen zu kompensieren -, und in der dann Meditationstechniken medikamentös oder vielleicht neurotechnologisch „unterstützt“ werden.

Eine solche chemische Unterstützung von Meditationstechniken wäre für mich ein Beispiel dafür, wie die technologische Logik zu einer Entfremdungssituation im Sinne einer Selbstverdinglichung führt. Es ist ein Charakteristikum der technologischen Zivilisation, dass Wissen (fast) immer eine „Umsetzung“ verlangt. Auch hier wird es nicht bei dem neurobiologischen Wissen bleiben, sondern es wird in Umsetzbares, Machbares transformiert. Aber es ist eben fraglich, so drückt das Günther Anders aus, ob das Gekonnte gleichzeitig auch das Gesollte ist.

 

Literatur:
Oliver Müller: Zwischen Mensch und Maschine – Vom Glück und Unglück des Homo faber. 214 Seiten, edition unseld, 12 Euro.

 

 

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Drogen und Drogenpolitik – Texte von Jörg Auf demHövel und AZ

Gesundheit und Drogenpolitik

Zwischen 1994 und 2013 von Jörg Auf dem Hövel und AZ veröffentlichte Artikel

Psychopharmakologie

Ein verheißungsvolles Antidepressivum scheitert in der entscheidenden Studie. Der Fall zeigt erneut, wie wenig verstanden die Chemie des Gehirns ist. (Telepolis v. 22.11.2011)

Therapeutische Wahrheiten und Illusionen
Zu den Ursachen der weltweiten Pandemie psychischer Krankheiten. (Telepolis v. 14.08.2011)

Placebos ohne Täuschung. Jetzt ist es soweit: Placebos wirken selbst dann, wenn die Patienten wissen, dass sie ein Scheinmedikament einnehmen. Oder nicht? (Telepolis v. 29.04.2011)

 

Arzneimittelherstellung und pharmazeutische Industrie

Länger leben durch Vitaminzusatz? Hilft die Einnahme von Antioxidantien? (Telepolis v. 25.01.2013)

Krebs und seine Metastasen: Es ist alles viel komplizierter
Die verschiedenen Zellen eines Tumors haben oft mehr genetische Unterschiede als Gemeinsamkeiten. (Telepolis v. 16.03.2012)

Hoffnung für Zuckerkranke
Die Entwicklung der „künstlichen Bauchspeicheldrüse“ macht Fortschritte. (Telepolis v. 13.12.2011)

Kleine Geschenke begründen die Freundschaft
Weltweit haben Medizinstudenten schon früh Kontakt zur pharmazeutischen Industrie
(Telepolis v. 02.06.2011)

Marketing statt Evidenz: Durch Gerichtsverfahren veröffentlichte Dokumente zeigen die gewieften Methoden der pharmazeutischen Industrie (Telepolis v. 09.03.2010)

Innovationsmangel: Big Pharma sucht nach Orientierung
(telepolis v. 13. August 2008)

Placebos: Warum der Schein besser wirkt als nichts (DIE WELT v. 11. Juli 2008)

 

Interviews

Subjektiver Rausch und objektive Nüchternheit
Der Medizin-Anthropologe Nicolas Langlitz über das Forschungs-Revival psychedelischer Substanzen, die objektive Erkenntnis subjektiven Erlebens und kulturell beeinflusste Psychopharmakawirkung. (Telepolis v. 12.01.2012)

Zur philosophischen Basis heutiger Drogenpolitik: Interview mit Michael Rinella über das Symposion und Platos Neueinordnung der Ekstase (Deutsch & english version).

„Salvia ist keine Eskapisten-Droge“
Interview mit Daniel Siebert, dem weltweit führenden Experten für Salvia divinorum, dem sogenannten „Wahrsagesalbei“ (and here is the english version)

Alte Pflanzen, neue Heilung?
Interview mit dem Experten für historische Pharmakologie Werner Dressendörfer

Der Körper geht sich selbst
Interview mit dem Buchautoren Hans-Christian Dany über die Rolle von Amphetamin in der modernen Gesellschaft

„Eine integrale Drogenpolitik wäre weit von einer generellen Drogenfreigabe entfernt!“
Interview mit dem Psychologen Wulf Mirko Weinreich über das Bewusstseinsmodell von Ken Wilber, die Zukunft der Drogenkultur und die psychotherapeutische Praxis

„Die Verelendungsprozesse hören nur durch die Vergabe von Methadon oder Heroin nicht auf“
Interview mit dem Bremer Suchtforscher Heino Stöver

Chemische Kriegsführung
Der Psychiater James S. Ketchum �ber seine Experimente im Dienste der US-Armee mit Belladonnoid-Glycolaten und LSD

Zur Neurobiologie der Alkoholabhängigkeit
Interview mit dem Suchtforscher Andreas Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie der Berliner Charité

Die Heroinabgabe muss kommen
Interview mit Henning Voscherau über synthetische Opiate vom Staat und die erreichbaren Ziele der Drogenpolitik

Von einem, der auszog, …
Baba Rampuri spricht über die Welt der Yogis (and here is the english version)

Der ewig missachtete Richterspruch
Staatsanwalt Carsten Schäfer über seine Max-Planck Studie zu Cannabiskonsum und Strafverfolung in den Bundesländern

Evolution
Interview mit dem Buchautoren und 68er-Veteranen Bruno Martin

Der Bandit von Kabul
Jerry Beisler im Gespräch über den Haschisch-Trail und das Afghanistan der 70er Jahre

„Kunst war mir immer suspekt“
Interview mit dem visionären Künstler Fred Weidmann

MAPS: Psychedelika als Therapie
Interview mit Rick Doblin, Gründer der „Multidisciplinary Association for Psychedelic Studies“, über MDMA und die Probleme bei der Arbeit mit psychoaktiven Substanzen

Halluzinogene in der praktischen Forschung
Interview mit Prof. Charles Grob über seine Studien mit MDMA und Psilocybin.
(Hier die englische Version)

Aus den Tiefen
Interview mit Amon Barth

Annäherung an das richtige Leben
Interview mit Wolfgang Sterneck

Wenn der Konsum zum Problem wird
Interview mit dem Psychiater Eckart Schmidt über starke Cannabis-Raucher

Die Hanfapotheke
Franjo Grotenhermen spricht über ein Projekt, in dem Kranke Cannabis bestellen können.

Grenzwertig: Fahren und Gefahren mit THC
Interview mit dem Rechtsanwalt Martin Krause über Cannabis und eine kraftfahrzeuggestützte Lebensweise.

„Der Leistungssport wird seine ‚Unschuld‘ nie wieder zurückgewinnen“
Interview mit Günter Amendt, Experte für Drogenökonomie und Drogenpolitik, über Doping, die Pharmakologisierung des Alltags und das Scheitern der Prohibition.

Natur und „research chemicals“
Interview mit Jon Hanna, Herausgeber der Psychedelic Resource List, über den globalen ethnobotanischen Markt.

„Wir haben in unserer Gesellschaft insgesamt ein Problem mit dem Genießen“
Interview mit Prof. Gundula Barsch, Mitglied der Nationalen Drogen- und Suchtkommission im Bundesgesundheitsministerium über ihr Konzept der Drogenmündigkeit.

Dem Kiffer (mit Problemen) kann geholfen werden
Interview mit dem Suchttherapeuten Helmut Kuntz.

Interview mit Tilmann Holzer vom „Verein für Drogenpolitik“
Holzer spricht über das „Cannabis-Regulierungsmodell“ des Vereins.

Interview mit Joseph R. Pietri, dem „König von Nepal“
Der Haschisch-Schmuggler spricht über seinen Job.

Interview mit Nol van Schaik
Der Coffee-Shop Aktivist über die Praxis des niederländischen Modells.

Interview mit Gerhard Seyfried
Die Comic-Ikone über seine neue Lust am Schreiben.

„Rauschkultur als Form der Religiösität und des Hedonismus“
„Die soziale Realität muß die Normen durch Lächerlichkeit aushebeln“
Zwei Gespräche mit Professor Sebastian Scheerer, Kriminologe an der Universität Hamburg. Es geht um den Streit um das Cannabiskraut, das Urteil des Verfassungsgerichts, die Drogenpolitik in Deutschland und die Auswirkungen von Drogen auf das Bewusstsein.

Interview mit Ronald „Blacky“ Miehling
Der ehemalige Kokainhändler Ronald Miehling hat über Jahre den deutschen Markt mit Kokain versorgt.

Interview mit Christian Rätsch
Christian Rätsch -der wohl anerkannteste Ethnobotaniker Deutschlands- im Gespräch. Esoterischer Schamanenkult, psychoaktive Pflanzen, „Das Gute“, „Das Böse“ und Richard Wagner sind Themen.

Interview mit Wolf-Dieter Storl
GRÜNE aufgepasst: Dieser Pflanzenkenner und -lauscher weiß, was man von Pflanzen lernen kann.

„Ich sehe keine Bewegung“
„Sind wir durch mit dem Interview?“
Zwei Gespräche mit Hans-Georg Behr, dem zornigen Hanf-Veteranen. Der kiffende Psychiater hat eine bemerkenswerte Art, seine Meinung auszudrücken…

Mr. Cannabusiness
Interview mit Frank Zander, dem Organisator der grössten Hanfmesse Deutschlands.

„Wir nutzen nicht das, was in den Drogen steckt“
Interview mit Horst Bossong, dem früheren Drogenbeauftragten der Hansestadt Hamburg.

Gespräch mit Renate Soellner
Autorin der Studie „Abhängig von Haschisch? Cannabiskonsum und psychosoziale Gesundheit.“

„Unglücklicherweise wissen wir nicht genug über Cannabis, dabei wäre es einfach heraus zu finden.“
Interview mit Jonathan Ott, Autor des Buches „Pharmacotheon“.
(Hier die englische Version)

„Techno, Tanzen, Törnen, Ficken – Wegbereiter der Extase“
Interview mit dem Eve&Rave Urgestein Hans Cousto

Von alten und neuen Hexen und einem neuen Naturverständnis
Interview mit der Ethnologin Claudia Müller-Ebeling

Vom Wandeln zwischen den Welten
Schamanismus-Expertin Nana Nauwald im Interview

Pilzmännchen und Freiheitskappen
Interview mit Roger Liggenstorfer zum Thema psilocybinhaltiger Pilze

Der ganze Drogenkrieg kippt…
Hanf- und Verschwörungs-Experte Mathias Bröckers im Gespräch

Hanf – Eine Nutzpflanze unter vielen?
Ein Interview mit Hanf-Forscher Michael Karus, Geschäftsführer des nova-Instituts

 

Substanz-Specials

Der umfassende Einblick in die Welt der psychoaktiven Substanzen: Alle Specials (mit aktuellen Ergänzungen) von az, dazu weitere Artikel aus Magazinen, Zeitungen und Online-Medien.

Absinth, Alkohol, Argyreia nervosa, Ashwaganda, Ayahuasca, Bananenschalen, Betel, Damiana, Designerdrogen, Ephedra, Fliegenpilz, GHB ( 1.4 Butandiol), Ginkgo, Ginseng, Kawa Kawa, Ketamin, Koffein, Kaffee, Kokain, Krähenaugen, Lactucarium, LSD, Modafinil, Nachtschattengewächse, Oxy, Oxytocin, Pilze, Placebo, Ritalin (Methylphenidat), Salvia, Schlafmohn, Tabak, Teufelsdrogen (Yaba, Speed), Viagra, Yohimbe, Zigaretten.

 

Neue Drogenpolitik

Das Drogenverbot ist (mal wieder) am Ende
Der hochtechnisierte und globale Markt produziert ständig neue Substanzen, eine Kontrolle wird immer schwieriger (Telepolis v. 21.06.2012)

Ecstasy und seine Kinder
Mal wieder schafft eine Drogenstudie mehr Verwirrung als Aufklärung. (Telepolis v. 18.04.2012)

Das Ende der Akzeptierenden Drogenarbeit? Ein Abgesang

Abstinenz: Von der christlichen Idee zur Richtlinie der Politik

Klassifikation von Drogen: Britische Experten urteilen neu

Regulierungsmodelle: Wie der Staat mit Cannabis umgehen sollte

Bedenklich: Cannabis auf dem Schulhof

Wie stellt sich die Cannabis-Szene die Legalisierung vor? Legal, aber wie?

Wo ist wieviel erlaubt? Gesetze und Realitäten des Hanfkonsums in Europa und Osteuropa

Zu Besuch beim Organisator des Hamburger Hanffest: „Wir wollen uns zeigen.“

Ergo: Thesen zur Drogenpolitik

 

Drogen – global

Die europäische Drogenbeoachtungsstelle legt ihren Bericht für 2007 vor
Same procedure as every year

Die Wiedergeburt einer alten Bekannten
In Afghanistan wird wieder Haschisch produziert

Gefahr im Paradies
Thailand im Wandel

Mal ganz unten, mal ganz oben, aber immer: Kokain
Eine Polemik zum Fall Kate Moss

Die Weltreligionen und ihr Verhältnis zum Rausch
Teil 1: Das Christentum, Teil 2: Der Hinduismus, Teil 3: Der Islam,
Teil 4: Der Buddhismus, Teil 5: Das Judentum

Chemie-Apotheken schließen
Research Chemicals

Ritualgruppen und neue Kirchen nutzen den Trank als Sakrament:
Ayahuasca kommt in den Großstadtdschungel

Weltweite Cannabis-Politik und ihre Missachtung:
Arizona, Australien, Großbritannien, Costa Rica, Indien, Kanada, Vietnam, USA, Europa, Ost-Europa

Grasgeflüster:
Auf welchen Routen reisen Haschisch und Marihuana?

Ausführliche Rezension eines Buches von Alfred McCoy:
Die CIA und die Drogenbarone

Cannabis-Praxis

Spice: Aufstieg einer dubiosen Psycho-Droge (telepolis v. 22.02.2009)

Das Ying und Yang der Cannabis-Psychose

Berauschende Aromaten?
Welchen Anteil kann ätherisches Hanfblütenöl an der psychoaktiven Wirkung von Rauschhanf-Präparaten haben?

Internet:
Sicheres Surfen und das Posten in Grow- und Drogen-Foren

In medias res:
Das Graslexikon und das Haschlexikon

Handwerk:
Die Growing-Area

Vorsicht :
Cannabis und der Führerschein
Welche Fehler Kiffer in Polizeikontrollen und danach machen.

Mangelhaft:
Ein Test mit Drogentests

Schädlich:
Cannabis und die Lunge
Ein Vergleich der giftigen Inhaltsstoffe von Cannabis und Tabak

 

Cannabis als Medizin

Cannabinoid-Arzneimittel im Aufwind:
Man hofft auf das große Geschäft

This will get you medicated!
In den USA hat sich Cannabis als Medizin längst durchgesetzt

Viel THC, aber auch Mikroben
Uni Leiden untersucht Coffee-Shop-Cannabis

Antiseptisch:
Zu Besuch bei THC-Pharm

Verdampfung:
Universität Leiden testet den Vaporizer

Feinstofflich:
Die Forschung zu den Cannabinoiden

Alltag:
Cannabis in der Praxis medizinischer Anwendung

Interview über Cannabis in der Medizin
mit dem Apotheker Manfred Fankhauser

Interview mit Lester Grinspoon
über Cannabis als Medizin

Interview mit Franjo Grotenhermen,
dem Vorsitzenden der „Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin“

 

Mischen possible

Portrait des Künstlers und Rock’n’Rollers Helmut Wenske

Eine kurze Geschichte der Orgie

Albert Hofmann: Zum Tod des Chemikers und Naturphilosophen

Männer & Rausch Warum wir?

Halluzinogene Fische? Ein Mythos?

Nautische Architektur: Die Kunst des Mathias Erbe

Fressflash: Wenn der Rausch im Essen deponiert wird

Die ultimative Pfeifenkritik

Der ebenso ernst zu nehmende Psychotest

Mattscheibe:Kiffen und Kiffer im Film

Netzwerkpartys: Im LAN-Wahn

Eine satyrische Bilanz zur hundertsten Ausgabe des Magazin „Hanfblatt“

Wahrer Trash: Ein Bericht vom Cannabis-Kongress

Nachruf auf Timothy Leary

20 Jahre als Head-Shop Besitzer

Mit einem Fan auf dem Hamburger Hanffest 2000

Verkostung beim Nachtschattenmagier:
Miraculix aus Winterhude

Historische Kultur:
Deutsche Anti-Marihuana-Krimis aus den 50ern
Als die Bayern auszogen den Weltmarkt mit Haschisch zu überfluten
Marihuana in den Groschenheften der Sechziger Jahre