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Kiffer Typen

Kiffer Typen: Der Fressflash-Kiffer

Kiffer-Typen III

Erschienen im HanfBlatt in den 1990er Jahren. Überarbeitete Version.

Der Fressflash-Kiffer

Es ist schon faszinierend, welche Blüten der Haschischkonsum treiben kann. Dass die Sinne geschärft werden, ist ja bekannt: Eine Orange kann zu einem gänzlich neuem Geschmackserlebnis verhelfen, das gut gebackene Brot den kernigen Mann herausschälen. Nur gehärt der nette Freund von dem wir heute sprechen nicht zu dieser Art sensibler Mensch.

Die abendliche Kräuterzigarette glimmt noch, da meldet sich bei unserem Freund ein Gefühl…, nennen wir es mal Schmachter. Obwohl erst vor zwei Stunden im Imbiss den Pommes rot-weiss (Fachjargon: Bahnschranke) reichhaltig zugesprochen, verspürt er schon wieder Lust auf Bewegung der Kaumuskeln in Verbindung mit Kribbeln auf der Zunge. Es lässt sich ahnen: Die Motivation zum Essen ist bei ihm weniger durch Hunger, als durch die Lust am Schaufeln bestimmt. „Huch, der kleine Hunger!“ Mit perfiden Werbesprüchen lockt das Fernsehen Richtung Kühlschrank, der beim Fressflash-Kiffer -wenn er denn nicht mal wieder pleite ist- gut gefüllt auf das Herrchen wartet. Nichts ist so erbauend wie der Blick in dieses volle Nahrungskästchen.

Was nun folgt, ist als der Regelkreis des Lukullus bekannt. Zunächst greift unser Freund nämlich zu den Leckereien und Naschereien aus den Food-Design-Fabriken, deren Wissenschaftler komplizierte chemische Gebilde zur Geschmacksknospenschmeichelei konstruiert und in Plastik verpackt haben. In einer Welt ohne Süssholzraspeln regiert das klägliche Derivat des Süssstoffs. Ob Wackelpudding, Milchreis oder Schokokram, binnen einiger Minuten hat sich der Blutzuckerspiegel des Haschbruders vervielfacht und unser Freund liegt genüsslich schmatzend auf dem Sofa. Riegel um Riegel wird nun eingeschoben, eine endlose Zufuhr, die eigentlich nur durch die Produktionslücken der kommenden Weltrevolution gestoppt werden kann, denn ein Sättigungsgefühl stellt sich dackelgleich nicht ein. Es kommt sogar vor, dass in der Hochphase des Exzesses Bananen in NutellaglÄser getaucht werden. Aber halt, es gibt durchaus ein Ereignis, welches den Kiffer aus seiner Weltumarmungstimmung rausreissen kann. Nein, nicht die Videocassette mit dem neuesten Machwerk von Teresa Orlowski, sondern vielmehr die Gier auf deliziäse Alternativen. In dem grossen Gemansche im Rachen fehlt nämlich der Kontrast, das Prickeln. Also rafft er sich auf und schlurft wieder zum Ort seiner Träume.

Nun tritt die zweite Phase des lukullischen Kreislaufs in Kraft, in welcher die Herzhaftigkeit die entscheidende Rolle spielt. Schluss mit dem SÜsskram, nun werden Brote mit Salami geschmiert, Pfannen mit Bratkartoffeln angeworfen, Schweinehälften aus dem TiefkÜhlfach gezerrt und kurz darauf duftet es in der Küche wie in der Eckkneipe gegenüber dem Schlachthof. Von den Finger trieft das Fett, eine Zahnlücke beherbergt einen Rindsfuss, kurzum, dass grosse Fressen hat begonnen. Vegetarier greifen jetzt kurzerhand zu Tofuwürsten, um wenigstens eine Ahnung von den steinzeitlichen Urgründen der Fleischverwertung zu bekommen. Die Aufnahme von Nahrung gehärt bei allen Primaten zu den Grundfähigkeiten des Lebens. So weit, so gut, aber wer hat schon mal von einem Gorilla gehört, der soviel Beeren frass, dass er Pickel auf der Nase bekam? Wahrscheinlich sind es weniger – wie so oft angenommen – die Abstraktionsleistungen, die uns Humanoiden von den Tieren unterscheiden, als vielmehr die Angewohnheit, kindliche (Fehl-) Entwicklungen im Alter durch Kompensationstätigkeiten auszugleichen.

Aber das ist natürlich alles nur dummes Gequatsche, was hier wirklich zählt, sind die enormen Entdeckungen der Psychoanalyse. Seit Freud steht doch fest, dass die Fresssucht eine Art oraler Masturbation ist. Gerade Schnullerkinder, die zudem noch ihr ödipales Verhältnis zur Mutter nie geklärt haben, neigen danach zu den Abfahrten im Reich des Lukullus. Oder sollte sich Freud im Kokswahn geirrt haben und die Dingen liegen ganz anders? Unser Freund tritt mittlerweile in die dritte Phase des Fresszirkels ein und macht da weiter, wo er angefangen hat: Nach all der Fleischeslust lechzt er nach etwas Süssem und wenn die Schokolade nicht alle ist, frisst er noch heute. Keine Frage, mit dem Fressflash-Kiffer haben wir ein gut integriertes Mitglied der Konsumgesellschaft in unseren Reihen, dessen Bedürfnisse einfach zu befriedigen sind. Seine Religion ist fest im Glauben an den grossen Aldi verankert, die Vorratskammer ist bei ihm Quelle der Inspiration und der Ruhe, ein heiliger Schrein, dessen Pflege er sich was kostet lässt, der Gang zur KÜche, die nÄchtlichen Ausflüge zur Tankstelle sind Wallfahrten. Und der Körper muss die Suppe auslöffeln, die ihm der oral gesteuerte Kreuzritter einbrockt.

 

 

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Kiffer Typen

Kiffer Typen: Der Dauerkiffer

Kiffer-Typen II

Erschienen im HanfBlatt in den 1990er Jahren. Überarbeitete Version.

Der Dauerkiffer

Schön, wenn jemand sein Dasein ganz einer Sache widmet. Die Konzentration auf eine Gewerbe, ein Handwerk oder ein Hobby treibt oft Blüten der Wissenschaftlichkeit, die auf dem Boden des bedingungslosen Engagement gut gedeihen. Der Freund von dem wir heute sprechen, ist nicht von dieser akribischen Natur beseelt. Er, der sogenannte Dauerkiffer, raucht einfach aus Prinzip und hat schon lange vergessen, warum er überhaupt in die Tiefen des Rausches hinabsteigt. Vollziehen wir doch zur Veranschaulichung den Alltag eines Dauerkiffers einmal nach.

Morgentliche Rituale führen in den Tag und was dem Einen der Kaffee ist dem Anderen das SAT1 Frühstücksfernsehen. Unser Freund steht nach dem Aufstehen vor der Entscheidung, ob er das erste Bong vor oder nach dem Frühstück durchzieht. „Guten Morgen, liebe Sonne.“ So lässt sich der Tag gut an und gleich zweierlei ist erreicht: Zum einen ist die Körper-Geist-Einheit sofort wieder auf dem gewohnten THC-Level, zum anderen kann frühestens jetzt der erste klarer Gedanke gefasst werden. Und dieser dreht sich natürlich darum, wie die alltägliche Connection organsiert wird. Der Dauerkiffer ist nämlich schon mindestens zweimal mit Dope erwischt worden und trägt seither nur kleine Mengen am Mann. Apropos Mann: Das an dieser Stelle beharrlich die maskuline Form benutzt wird, ist pure Absicht, denn keine Frau kommt auf die Idee, sich dermassen aus dem bürgerlichen Leben zu beamen. Ob in einen Job eingebunden oder als Hänger vorm Fernseher, für den Dauerkiffer geht es im Leben darum, stets Bobel auf Tasche zu haben. In der Mittagspause geht’s dann schnell auf Klo oder hinters Haus, danach schmeckt der Kantinenfrass gleich viel besser. Die Arbeitskollegen wundern sich schon seit Jahren nicht mehr über die Kaninchenaugen des Betriebsgenossen („eine langwierige Augenentzündung“), auch nicht über seine Trägheit und seine langhaarigen, bombenlegenden Freunde. Die trifft unser Freund nach Feierabend. Auch sie kiffen gerne bis zum Umfallen, Abstinentler gehören selten zum näheren Bekanntenkreis. In lockerer Runde tauscht man die neusten Nachrichten aus dem Drogensektor aus. Wer wieviel anbaut, wer mit was gegriffen wurde, wann und wo gutes Haschisch erwartet wird. Unser Freund schickt die Jungs dann früh nach Hause, damit er noch in Ruhe alleine einen durchziehen kann. Harald Schmidt wartet schon.

Aber halt, wir wollen nicht den ganzen Krug der Häme über dem Langzeitraucher auslehren. Eine seit den 70er Jahren selten gewordene Spezies ist der spirituell motivierte Dauerkiffer, der auf der Suche nach dem Sinn im Leben den Hanf als probates Reisegefährt nutzt. Dieser Typ legt die Ohren an und stürzt sich mit Liebe in die Tiefen seiner Seele und Höhen des egolosen Daseins. Hut ab, interessant wird es vor allem dann, wenn man seine hehren Beweggründe dem Psychiater erläutern darf.

Wo hört der Spass auf?, könnte man nun fragen. Leidensdruck ist nicht vorhanden und das verantwortliche Eintreten für den demokratischen Rechtsstaat ist zumindest in Ansätzen vorhanden (vor allem, wenn es um die Diskussion um Drogenfreigabe geht). Vielleicht charakterisiert ein belauschtes Gespräch zwischen dem Dauerkiffer und seinem Freund das Wesen dieses Typs am besten: „Du, ich bin unsicher, ob unser Problem auf Unwissenheit oder Gleichgültigkeit beruht?“ „Weiss ich auch nicht, ist mir aber auch egal.“ Wir wünschen diesem Zeitgenossen, der sich auf seine Art dem Leistungsdruck der Ellenbogengesellschaft verweigert, „Gute Fahrt, wo immer Du bist“.

 

 

 

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Kiffer Typen: Der Schläfer

Kiffer-Typen I

Erschienen im HanfBlatt in den 1990er Jahren. Überarbeitete Version.

Der Schläfer

Man kennt ihn, den Freund, der schon mit müden Blick und schlaffen Schultern durch den Türrahmen tritt. Am Telefon war eigentlich verabredet worden, dass man „heute Abend mal wieder richtig einen losmacht“, schwer um die Häuser zieht, am besten willenlos breit. Beim Anblick der dann aufkreuzenden Gestalt sollte man -wäre man klug- alle Pläne gleich wieder über Bord werfen, aber die Hoffnung auf angetörnten Geselligkeit macht blind für die Realität. Dabei ist schon klar, sozusagen vorprogrammiert, wie der Abend verlaufen wird. Die Sachlage wird es sich im Sessel bequem gemacht, langsam den ersten Joint einrollen und alles deutet dann auf den Kiffer-Typ hin, der uns die ruhigen Stunden im Leben beschert: Den Schläfer.

Füsse hoch, denn der Tag war lang – dieses Motto durchzieht Denken und Handeln des Schläfers selbst wenn er nicht gearbeitet hat. Ohnehin lässt sich mutmassen, dass der Kiffer-Typ des Schläfers aufgrund seiner natürlichen Veranlagung das Joch der Arbeit meidet und sich lieber dem Müssiggang hingibt. Wenn er dann zufällig mal nicht kifft, kann dieser zur Lethargie neigende Mustermann durchaus in die hohen Weihen der Kreativität aufsteigen, um in einer ruhigen, geduldigen und sorgfältig ausgeführten Aktivität aufzugehen. Dies ist aber der Ausnahmefall, denn meistens ist er bekifft und müde – so taucht er auch im erwähnten Türrahmen auf. Von anderer Art ist der Schläfer, der den Rausch zur Stressbekämpfung nutzt. Er hat tatsächlich hart geschuftet und entspannt nun beim Joint oder Pfeifchen von den Tücken des Alltags. Hier gilt die Grundregel: Je grösser der Stress, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass es danach abwärts in die Tiefen des Schlafes geht. Nur der Extremtyp wacht dann Nachts noch einmal auf und schreibt seinen geschäftlichen Traum auf den Zettel.

Mit diesen Typen umzugehen ist relativ einfach, solange man sich darüber klar ist, das Regsamkeit und Unternehmungsgeist keine Rolle spielen dürfen. Oft finden ja eh Menschen unterschiedlicher Wesensarten zusammen, zwischen denen Strömungen des charakterlichen Ausgleichs fliessen; ist dies der Fall, trifft der Schläfer auf den Hyperaktiven und alles wird gut. Machen es sich allerdings gleich zwei Schläfer allzu bequem miteinander, dürfte jeglicher animierender Esprit flöten gehen, dann legen sich alle Lebensgeister auf die faule Haut.

Mit dem Schläfer lässt sich kein Staat machen, aber ein gemütlicher Fernsehabend hat ja auch was für sich. Während die Kiste im Hintergrund flimmert wird bräsig parliert, ohne je in der Diskussion zu landen oder gar im Streit zu enden, denn auch dafür ist dieser Typ viel zu phlegmatisch. „Ändern kann man sowieso nix“, wird auf seiner Grabplatte stehen und oft hat er schon in Lebzeiten den entscheidenden Schritt gemacht, den Schritt von der Bequemlich- zur Gleichgültigkeit. Am Ende des Abends schläft dieses Genre eingekuschelt in Wohlgefallen friedlich im Sessel des Freundes, aus kleinen, roten Pupillen noch ab und zu blinzelnd, aber auch nur dann, wenn das Karate-Porno-Video eine lautstarke Szene verzeichnet. Alles in allen ein liebenswerte Typ, dieser Schläfer, der kaum Gelegenheiten zum sündigen nutzt und auf jeder Party als erster das Gästebett okkupiert. Er hat halt die Ruhe weg.

 

 

 

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Cannabis Hanf Historische Texte Psychoaktive Substanzen

Der Knaster-Mythos

Faserhanf (Cannabis sativa) wurde früher gelegentlich auf dem Lande, wie zahlreiche andere Kräuter auch, als Tabakersatz geraucht. Heinrich Marzell listet allein 40 hierfür genutzte Pflanzenarten in seinem „Neues illustriertes Kräuterbuch“ (1920/1935) auf. Dabei erwähnt er nicht einmal definitiv psychoaktive medizinische „Asthma-Kräuter“ wie den Stechapfel, an dessen gelegentlichem hedonistischen Gebrauch sich bis in die 1970er Jahre eine kleine experimentierfreudige Anhängerschaft erfreute, die sich entsprechende Zigaretten aus der Apotheke besorgte. Unter den „Asthma-Kräutern“ fand sich (bis zum Opiumgesetz von 1929) neben Tollkirsche, Bilsenkraut, Lobelie, Tee und Opium auch der tatsächlich psychoaktive aus Indien (und später von Sansibar) importierte „Indische Hanf“ (Cannabis indica, Wolfgang Siegel „Das Asthma“, 1912).

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Mixed Psychoaktive Substanzen

„Alcoholfree and sparkling“

On the History of Mate-Softdrinks in Germany

copyright by Achim Zubke/ Hamburg-Germany

Translation of a lecture held at the “Mate in Berlin”-symposion in the Brazilian Embassy in Berlin, 30.06.2017

In the last five years there has been a creativity boom on the German soft drinks market producing a large number of new caffeine-containing mate-lemonades and mate-iceteas.
At the beginning of 2017 more than 30 different suppliers with dozens of mate drinks were already on the German market. Natural ingredients, organic, fairtrade, solidarity and originality play an increasingly important role in the creation of new products. It is interesting in the context of this innovative wave to deal with the actual history of the mate drinks.

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Historische Texte Mixed Psychoaktive Substanzen

„Alkoholfrei und spritzig“

Zur Geschichte der Mate-Brausen

copyright by Achim Zubke

Vortrag gehalten auf der Veranstaltung „Mate in Berlin“ am 30.6.17 in der brasilianischen Botschaft in Berlin

Seit etwa fünf Jahren gibt es im Rahmen eines Kreativitätsbooms bei der Herstellung von Limonaden eine Fülle an neuen koffeinhaltigen Mate-Brausen und Mate-Eistees.

Anfang 2017 sind bereits mehr als 30 verschiedene Anbieter mit Dutzenden von Mate-Getränken am Markt. Natürliche Zutaten, Bio, Fairtrade, Solidarität und Originalität spielen zunehmend eine Rolle bei der Kreation neuer Produkte. Es ist im Rahmen dieser innovativen Welle interessant, sich mit der tatsächlichen Geschichte der Mate-Brausen zu beschäftigen.

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Drogenpolitik Psychoaktive Substanzen

Brewing Bad

Der technische Fortschritt und die Absurdität der Drogenverbotspolitik

In den weltweiten Untergrundlabors brodelt es. Was wäre, so fragt man sich neuerdings, wenn man auf den kosten- und zeitintensiven Rohstoffanbau verzichten könnte? Wenn man den gesamten Drogen-Produktionsprozess enorm vereinfachen könnte?

Der Grund für die Aufregung sind Schlagzeilen aus den vergangenen Wochen, die auf eine Reihe von Experimenten hinwiesen, die im renommierten Fachblatt Nature veröffentlicht wurden. Darin zeigte ein Team um John Dueber von der University of California, dass sie Hefezellen so manipulieren können, dass diese aus Zucker den Schlafmohn-Bestandteil Reticulin produzieren. Reticulin ist Vorstufe zahlreicher Opiate wie Morphium oder Codein. Vor einiger Zeit hatte Dueber bereits gezeigt, wie man aus Reticulin wiederum mit Hilfe gentechnisch veränderter Hefe Morphium herstellen kann. Man geht davon aus, dass es nur noch wenige Jahre dauern wird, bis beide Reaktionsteile in einem Hefestamm genutzt werden können.

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Cannabis Drogenpolitik Hanf Psychoaktive Substanzen

Coffee-Shop-Modell für den Görlitzer Park?

In Berlin-Kreuzberg zeigen sich die Widersprüche der Drogenpolitik. Mutigere Schritte sind nötig.

In Berlin-Kreuzberg hat sich seit Längerem in und rund um den Görlitzer Park eine offene Dealer-Szene angesiedelt. Diese und der damit zusammenhängende Kundenverkehr werden von Polizei, Anwohnern und Gästen des Parks als Problem angesehen. Die Zahlen: Bis Ende Oktober 2014 führte die Polizei sage und schreibe 350 Razzien durch, es wurden über 2.200 Personen kontrolliert, rund 1.000 Platzverweise ausgesprochen, 200 Festnahmen durchgeführt, 800 Ermittlungsverfahren angestoßen – die Hälfte davon waren Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz.

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Psychoaktive Substanzen

Schmerz lass nach

Opiate können zukünftig aus Zucker und gentechnisch veränderter Hefe hergestellt werden

Erschienen in der Telepolis
Von Jörg Auf dem Hövel

Die Gesellschaft leidet unter Schmerzen. Was auch immer es ist, die Entfremdung, der Körper, das Unbehagen – Schmerzmittel helfen. Der Markt ist groß, seit Jahren stehen Schmerzmittel ganz oben auf den Listen der meistverschriebenen Arzneien. Die Gruppe der Opiate und Opioide gilt dabei schon lange nicht mehr nur als Ultima Ratio in der Schmerztherapie, sondern ist vielgenutzt und unverzichtbar.

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Cannabis

Das kleine Graslexikon

Aus dem HanfBlatt

Das kleine Graslexikon

Fast in jedem Land der Welt wird Rauschhanf angebaut, wenn er nicht ohnehin schon wild oder verwildert gedeiht. Ob auf Tahiti oder Tobago, ob in Alaska oder Chile, ob in Schweden oder Portugal, überall wird der Hanf zum Zwecke der Bewusstseinserheiterung angepflanzt. In manchen Ländern ist er/sie allerdings ein Wirtschaftsfaktor von bedeutendem Ausmass. Sei es in den USA zur Selbstversorgung der inländischen Konsumentinnen oder in Ländern wie Kolumbien, Jamaika, Nigeria, Ghana, usw. hauptsächlich zum Export in die reichen Nationen des sogenannten Westens. Das Beispiel Niederlande zeigt, wie sich der Export zu lohnen beginnt, wenn der einheimische Markt gesättigt ist und in den gewissermassen noch unterversorgten Nachbarländern eine Nachfrage nach hochwertigen Qualitäten entsteht.

Deutschland ist traditionell kein ausgesprochenes Marihuana (auch „Gras“, die getrockneten Blüten- oder Fruchtstände des berauschenden Hanfes)- Importland gewesen. Die haschischproduzierenden Länder liegen geographisch näher am Verbrauchermarkt. Ausserdem ist Haschisch leichter zu handhaben und zu handeln, in der Regel deutlich potenter und besteht nicht wie Marihuana zu einem beträchtlichen Teil (bis zu zwei Dritteln) aus nichtrauchbaren „Abfällen“, sprich Samen und Stengeln. Letztlich ist tropisches Importmarihuana bei oft niedriger Qualität im Verhältnis zu Haschisch zu teuer. Dennoch war immer welches auf dem Markt, und nicht wenige Konsumentinnen behaupten von sich, sie würden gutem Gras (auch gerade tropischen Importen) den Vorzug vor dem gängigen Haschisch geben, wenn sie die Wahl hätten und die Erhältlichkeit und das Preis-Leistungsverhältnis angemessener wären.

 

Hanfkaefer

Das übliche tropische Importmarihuana besteht aus einer Vielzahl zu dichten Platten, Blöcken, Scheiben oder Ballen zusammengepressten, meist reichlich Samen enthaltenden Blütenständen. Das „Gras“ kann aber auch in bereits zerbröselter blättriger Form erscheinen. Das Farbspektrum reicht von goldbraun über dunkelbraun bis zu allen möglichen Grüntönen.

Es ist müssig, die unglaubliche Vielfalt der weltweit erhältlichen getrockneten weiblichen Hanfblütenstände zu beleuchten, auch wenn durch den internationalen Tourismus Spezialitäten aus aller Damen Länder die Bundesrepublik erreichen, meist nur in verhältnismässig geringen Mengen. Einige Beispiele werden aber dennoch eingeflochten:

So kam in Zeiten des Solidaritätstourismus in den Achtziger Jahren schon mal NICARAGUA-Gras bei uns an.

Mexico

Mexikaner guter Qualität, hier dann oft pauschal „ACAPULCO GOLD“ genannt, nach einer berüchtigten Sorte der Sechziger Jahre, ist selten, da mexikanisches Marihuana fast ausschliesslich nach Nordamerika geht und die Risiken des Schmuggels dieser Ware nach Europa kaum lohnen. Guter Mexikaner ist stimulierend-exaltierend-euphorisierend. Mexiko war in den Sechziger Jahren in den USA für einige exquisite Qualitäten berühmt, später allerdings auch für fast wirkungslose Massenware, „Dirtweed“.

Karibik

Marihuana von den KARIBISCHEN INSELN (Trinidad/Tobago, DomRep, St. Lucia, Grenada usw.)ist bei uns mindestens genauso selten und erreicht allenfalls (ehemalige) Kolonialmächte wie Grossbritannien. Qualitativ soll es im (oberen) Mittelfeld liegen.

Jamaika

ist nach wie vor der Number One Produzent und Exporteur dieser Region und damit die grosse Ausnahme. Seit Jahren ist Jamaika ein regelmässiger Lieferant auch grässerer Mengen Gras von mittlerer bis hoher Potenz. Gab es noch Anfang der Achtziger Jahre ein irgendwie charakteristisch euphorisierendes Gras mit einer starken aphrodisisch-kärperlichen Note vom Sativa-Typ, fällt aufgrund der Zucht zahlreicher eingeführter Sorten auch vom Indica-Typ und daraus abgeleiteter Kreuzungen die Importware heute oft kräftig-drähnig aus. Nicht immer wird sorgfältig getrocknet. Die so zu Ballen oder Bricks gepresste Ware weist dann in ihrem Inneren Schimmel auf oder fängt nach dem Zerpflücken an zu schimmeln. Sowas ist Mist, tritt aber auch, gerade in den letzten Jahren, bei nachlässig verarbeiteten Importen aus anderen Ländern auf. Am Beispiel Jamaika lässt sich beispielhaft beobachten, wie sich durch die zahlreichen internationalen Kontakte auch in den traditionellen Anbaugebieten die gezogenen Sorten verändern. Dabei gehen mäglicherweise einzigartige Sorten der Vergangenheit mit ihrem charakteristischen und nicht ohne weiteres reproduzierbaren High unwiederbringlich verloren. Unterstützt die Sortenvielfalt auch beim Hanf! Oder präziser: Rettet die exotischen Sativas!

Kolumbien

Einer der grässten Grossproduzenten ist immer noch KOLUMBIEN. Containerweise wird Marihuana über die Weltmeere verschifft, auch wenn Kokain und Heroin bedeutendere Handelsgüter geworden sind. Die Qualität der (Massen-)Ware hat deutlich nachgelassen. In letzter Zeit tauchte wiederholt „hochpotentes“ aber innerhalb von vielleicht einer halben Stunde geradezu narkotisierendes Gras auf. Eine andere schwache Qualität ist auch nicht unbekannt. Das klassische „Columbian Gold“ oder „Santa Marta Gold“ war ein, wie der Name schon sagt, goldbraunes ziemlich potentes Gras mit euphorisierend-enthemmend-stimulierender geradezu albern machender Wirkung. Dieses Gras soll es noch geben. (Aber wo?) Auf die praktisch nicht erhältliche Spezialität „Punta Roja“ mächte ich hier nicht näher eingehen. Nur eins: Es galt als eine der besten Gras-Sorten der Welt. Wer eine Seefrau kannte…

Süd- und Mittelamerika

Die anderen süd- und mittelamerikanischen Länder (Brasilien, Peru, Bolivien, Venezuela, Panama, Surinam, Costa Rica, Guatemala, Belize usw.) sind für den bundesdeutschen Markt unwichtig, was nicht heissen soll, dass aus ihnen kein Gras in unsere Breiten gelangen kann.

USA

Aus den USA kommt heute nichts nach Deutschland. Die Preise im Land der unbegrenzten Mäglichkeiten sind einfach zu hoch, die Nachfrage zu gross, als dass ein auch noch so kleiner Export lohnen würde. Interessant ist aber, dass die ersten hochpotenten samenlosen weiblichen Marihuanablütenstände (Sinsemilla) von Reisenden schon Anfang der Achtziger Jahre aus Kalifornien und Florida („Grinsegras“) mitgebracht wurden. Es handelte sich um verblüffend potentes Freilandgras, zu dieser Zeit noch vom Typ Sativa.

Afrika

Für den bundesdeutschen Markt sind die afrikanischen Länder besonders wichtig, und von diesen insbesondere GHANA und NIGERIA. Sie liefern teilweise grosse Mengen, die im Kleinhandel allerdings kaum nach Herkunft unterschieden werden („Afrikanisches“ oder „Westafrikanisches“). Die Potenz ist in der Regel schwach bis mittel, oft mit vielen Samen und Stengeln. Es gibt selten kleinere Lieferungen herausragenden Grases. Durchschnittliches Gras aus diesen Ländern hat den Ruf euphorisch-beruhigend drähnig zu sein. Das hat vielleicht was mit langer Lagerung und „stressigem“ (zu heiss, zu feucht) Transport zu tun.

Aus anderen afrikanischen Ländern kommt manchmal in kleinen Mengen relativ frisches Gras mittlerer Potenz, eventuell sogar von Stengeln und Samen gereinigt, um das Transportvolumen zu verringern. Kennt man in Grossbritannien SAMBIA und SIMBABWE als Lieferanten, so sind SENEGAMBIA, ZAIRE („Kongo“) und KENYA in Deutschland bekannt. Als „Kongo-Gras“ wird starkes afrikanisches Gras bezeichnet. Ob es nun wirklich aus dem „Kongo“ stammt(e), egal. Neuerdings erreicht Gras aus €THIOPIEN und MOCAMBIQUE die Bundesrepublik. Auch wenn die Potenz nicht unbedingt sensationell ausfällt, so ist das stimulierend-euphorisierende High frischen Grases dieser Provenienz bemerkenswert. Letztlich kommt praktisch jedes afrikanische Land als Marihuana-Lieferant in Frage. In Holland sind Sorten aus S†DAFRIKA („Durban poison“ aus der Provinz Natal, manchmal in Papier eingewickelte, aus Blüten gerollte, kleine Sticks, nicht immer so gut wie der Name verspricht), TRANSKEI (stimulierend, wenn frisch), SWAZILAND (kräftig in intensiven psychischen Wellen kommend, wenn frisch, aber wem sag ich das) und aus MALAWI auf dem Markt. Malawi gilt als besonders gut. Aber nicht alles, wo Malawi drauf steht, tärnt auch so, wie frau es erträumt.

Asien

Der wichtigste asiatische Marihuana-Lieferant ist immer noch THAILAND. Unter dem Begriff „Thai-Gras“ wird mittlerweile aber zu einem Grossteil aus den Nachbarländern KAMBODSCHA und LAOS stammendes Gras gehandelt. In diesen Ländern wird es praktisch legal in grossen Mengen angebaut und zum Teil über Thailand oder Vietnam exportiert. Das Gras aus dieser Region ist zwar meist von passabler bis guter kommerzieller Qualität, weist aber bei der Massenware nicht die Potenz und das ausgeprägte erhebend-psychedelische High auf, für das das klassische Thai-Gras berühmt ist. Auch wenn es die legendären „Thai-Sticks“ oder „Buddha-Sticks“, um Bambusstäbchen oder gar Hanfstengel gewickelte Blütenstände, schon lange nicht mehr gibt, so tauchen trotz alledem immer noch vereinzelte herausragende Qualitäten mit einer Wirkung, die zumindest an die „Thai“-Legende erinnert, auf. Noch scheint also nicht Hanf und Malz verloren. Sowas geht weg wie warme Semmeln.

BURMA sollte als Marihuana-Lieferant der Achtziger Jahre (allerdings eher für den holländischen Markt) nicht unerwähnt bleiben. Das Gras galt, im Gegensatz zu dem thailändischen, als eher drähnig, bei mittlerer bis guter Potenz.

PHILIPPINEN-Gras, auch „Manila-Gras“ genannt, hat einen guten Ruf. Von meist bräunlich-grüner Farbe und relativ hoher Potenz, bietet es ein stimulierend-enthemmend-erhebend-euphorisierendes High mit alberner Note. Aber Garantien gibt es selbstverständlich auch hier nicht.

Das in der Regel hochpotente Marihuana aus den Bergen der südindischen Provinz KERALA findet nur selten seinen Weg zu uns. Aus den haschproduzierenden Ländern wird bevorzugt Haschisch (oder, gerade aus dieser Gegend, Grasäl) geschmuggelt. So war und ist Kerala-Gras eine ausgesprochen seltene und begehrte Spezialität.

Indonesisches Gras aus SUMATRA (Aceh, um genauer zu sein) gelangt nur selten nach Holland.

Andere asiatische Länder sind als Marihuana-Produzenten für den internationalen Markt unbedeutend.

Holland

Innerhalb von Europa hat sich HOLLAND zum Hauptlieferanten für den deutschen Markt gemausert. Skunk, Northern Lights, Orange Bud, Haze und diverse Kreuzungen gehären mittlerweile zur Angebotspalette jedes deutschen Rauschhanf-Dealers, der was auf sich hält. Diese hochpotenten, samenlosen Züchtungen haben den Markt bei uns revolutioniert, nicht nur erhebliche Anteile am Haschmarkt erobert, sondern auch die qualitativ verhältnismässig schlechten und teuren Tropenimporte stark ins Abseits gedrängt. Es fing an mit teilweise schon recht kräftigem, fast psychedelischem samenlosen Sinsemilla, meist noch von tropischen Sativas, im Gewächshaus gezogen, das bereits Ende der Achtziger vereinzelt über die Grenze gebracht wurde. Die eigentliche Lawine kam aber erst durch niederländisches „Skunk“ ins Rollen. Die Kundschaft schrie nach mehr, und sie bekam mehr.

Mittlerweile wird ein nicht unbeträchtlicher und wachsender Anteil des Bedarfs an hochwertigem samenlosen Gras durch Anbau holländischer Sorten hierzulande gedeckt. Und diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Importiertes Marihuana wird sich nur behaupten kännen, wenn es qualitativ verbessert wird, was bei den fehlenden Mitteln nicht sehr wahrscheinlich ist, oder die Preise deutlich fallen.