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Rezensionen

Rezension Jürgen Wolsch – Drogen. Ein Wissenscomic

HanfBlatt Nr. 109

Ein Gewissenscomic

Der Chemie- und Biologielehrer Jürgen Wolsch unternimmt den bemerkenswerten Versuch, die Wirkung allerlei Drogen in einem Comic zu erklären. Neben Alkohol und Tabak geht er Cannabis, die Amphetamine, Ecstasy, Kokain und Heroin an. Macht er das gut? Ja und Nein. Ja, weil Wolsch die physiologischen Hintergründe und Wirkmechanismen der einzelnen Drogen probat und akribisch bis hinunter auf die Ebene der Neurotransmitter beschreibt. Der naturwissenschaftliche Bildung des Autors wurde auf 150 Seiten komprimiert, auf denen ein Strichmännchen sich mit den verschiedensten Substanzen rumschlagen müssen. Künstlerisch wertvoll ist das nicht, darum geht es Wolsch aber auch gar nicht: die Männchen sollen primär den Text illustrieren und erläutern und eher sekundär als humorige Leitfiguren durch das Buch führen. Die Info-Grafiken wiegen für das Werk viel mehr und stehen im Vordergrund.

Leider führt Wolsch den naturwissenschaftliche Ansatz zu weit. Sicher haben Drogen verallgemeinerbare Wirkmechanismen, aber ihre Effekte hängen halt sehr von der psychischen Verfasstheit des Konsumenten ab. Menschen sind halt keine Maschinen, die nach determinierten Regeln funktionieren. Wenn Wolsch also beispielsweise das „Amotivationssyndrom“ bei Cannabis-Langzeitkonsum zu beschreiben versucht, suggeriert er, dass jedermann und jede Frau bei regelmäßigem (einmal die Woche?) Cannabis-Konsum eine „Gleichgültigkeit gegen das soziale Umfeld und die Anforderungen des Alltags“ herausbildet. Aber es lassen sich viele Gegenbeispiele finden, denn es gibt tausende von 18-Jährigen, die am Wochenende zwei Joints durchziehen und am Montag ihren Mann am Ausbildungsplatz stehen. Sicher ist doch nur: Mit Cannabis ist es nicht anders wie mit anderen, stoffungebundenen Substanzen auch: Wer meint sein gesamtes Freizeitverhalten einer Sache widmen zu müssen, wie beispielsweise der täglich mehrständigen Konsolenattacken, der vernachlässigt logischerweise andere Dinge.

Fazit: Es gibt schlechtere Bücher zur Drogen-Aufklärung. Das „Wissenscomic“ von Wolsch vermittelt einen guten Überblick über einige der wichtigen psychoaktive Substanzen und deren Wirkung. Insgesamt dominiert allerdings die pathologische Sicht auf die legalen und illegalen Präparate. Das Werk ist zu großen Teilen wissenschaftlich korrekt, auf die von Wolsch zitierten „Cannabis-Flashbacks“ warten allerdings Generationen von preisbewussten Kiffern sehnsüchtig.

Jürgen Wolsch
Drogen. Ein Wissenscomic
Eichborn Berlin 2007
ISBN-10: 3821856564
160 Seiten, broschürt
12,95 EUR

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Künstliche Intelligenz

Container unter GPS-Kontrolle

FAZ-Logo und Link zur FAZ

 

Im Hamburger Hafen hilft das Satellitensystem beim Verladen und Lagern der Schiffsfracht

FAZ vom 16.09.2003

Der Burchardkai ist Hamburgs wichtigster Umschlagplatz für die Container-Schifffahrt. Von den im gesamten Hamburger Hafen im Jahr 2002 umgeschlagenen 4,7 Millionen 20-Fuß-Containern wurde mehr als die Hälfte über die Kaimauern des Burchardkai gehievt. Für deren effektive Lagerung und den Weitertransport per Bahn, LKW oder Schiff sorgt ein weltweit einmaliges Stellplatzsystem, das die Container per GPS (Global Positioning System) ortet.

VanCarrier_der_HHLA

Legt ein Schiff an einem der zehn Liegeplätze an, stellt ein Kran die Container für die sogenannten Van-Carrier bereit. Diese fahren über den Container und heben sich diesen an ihre Bauchunterseite. Alle dieser rund 94 Hubwagen sind mit GPS-Empfängern ausgestattet. Nun folgt eine Funkübertragung an die Systemzentrale auf dem Gelände, die den optimalen Standort für den Container durchgibt. Der Fahrer des Van-Carriers fährt zu dem Standort, die Software überprüft per GPS, ob sich der Hubwagen am korrekten Standort und gibt den Container frei. Die Van-Carrier können zwei- bis dreifach gestapelte Containerreihen überfahren, um Container aus der Reihe herauszunehmen und sie mit einem Minimum an Zeitaufwand in den Verladebereich zu transportieren. Aber um eine exakte Stellplatzzuweisung zu ermöglichen, war eine Erweiterung des herkömmlichen GPS nötig, denn dieses arbeitet zu ungenau.

Beim GPS umkreisen 21 Satelliten, zuzüglich drei Reserveeinheiten, den Planeten. Die Flugbahnen sind so berechnet, dass die gesamte Erdoberfläche zu jeder Zeit von vier Satelliten ausgeleuchtet wird. Diese strahlen zwei codierte Signale aus. Der erste Code ist wohlgehütetes Geheimnis des us-amerikanischen Militärs und nur wenigen Menschen bekannt. Mit Empfängern, die diesen Precision-Code (P-Code) empfangen und entschlüsseln können, sind genaue Ortsbestimmungen von bis zu drei Metern möglich. Der andere Code ist mittlerweile elektronischen Allgemeingut und wird von den gängigen GPS-Empfängern genutzt. Diese, PRN-Code (Pseudo Random Noise) genannte Chiffre, erlaubt Ortungen bis zu etwa 30 Metern Genauigkeit.

Genau hier lag das Problem für die Techniker vom Burchardkai, denn einen Container im Umkreis von 30 Metern suchen zu müssen kostet zuviel Zeit, zudem ist keine effektive Stapelung möglich. Man behalf sich mit einem Kniff: An einem genau vermessenen Punkt auf der Container-Anlage wurde ein zweiter Satellitenempfänger installiert, der seine vermeintliche Position aus den GPS-Satelliten bestimmt, mit der wahren, bekannten Position vergleicht und die Abweichungen zur Erzeugung von Korrekturwerten verwendet. Die Korrekturen sendet er dann an die GPS-Empfänger auf den Van-Carriern. Diese nutzen die empfangenen Korrekturwerte zur Erhöhung der Genauigkeit ihrer Positionsberechnungen. Dieses „Differential-GPS“ genannte Verfahren wird in der Industrie mittlerweile überall dort eingesetzt, wo man auf metergenaue Ortungen angewiesen ist.

Im Hafen kommt man so auf eine Messgenauigkeit von unter zwei Metern. Hartmut Richter, 41, beim Betreiber des Burchardkai, der Hamburger Hafen- Lagerhaus-AG (HHLA), für Kommunikationstechnik zuständig, weiß: „Im Alltag sind sogar Werte zwischen 50 Zentimeter und einem Meter typisch“. Damit aber nicht genug. Bei der HHLA kann man sich einen Ausfall der Container-Navigation nicht leisten. Sollte das GPS-System, sei aus technischen Gründen oder weil die US-Militär keine Kapazitäten frei sehen, gänzlich ausfallen, steht auf dem Burchardkai noch eine lasergestützte Ortsbestimmung zur Verfügung. Aber bislang, so Richter, sei die Verfügbarkeit der GPS-Anlage „mit 90 Prozent sehr hoch“.

Erst die Installation des GPS-Rangiersystems ermöglichte die hohe Auslastung der Container-Anlage. Über 5000 Schiffe legen jährlich am Burchardkai an, der wie eine riesige Halbinsel in der Elbe liegt. Die Van-Carrier stapeln dabei rund 2,5 Millionen 20 Fuß-Container auf dem Gelände. Zur Zeit noch in drei Ebenen, prosperiert die Hafenwirtschaft aber weiterhin, muss eine vierte Ebene eröffnet werden, um alle Container unterzubringen. Schon jetzt garantiert GPS die Vermeidung von zeitaufwendigen Umstapelvorgängen und hält die Wege zu den jeweiligen Verladestationen kurz. Die Betreiber wissen in jedem Moment, wo sich jedweder Container auf dem 1, 5 Millionen Quadratmeter großem Gelände befindet.
Nach Angaben von Carsten Mölck, 43, Projektleiter bei der Einführung des GPS, kam es während des Irak-Kriegs zu keinen Beeinträchtigungen der Genauigkeit der GPS-Signale. Gleichwohl beobachtet man die Bemühungen Europäischen Weltraum Agentur ESA, mit „Galileo“ ein 30 Satelliten starkes Konkurrenzsystem aufzubauen, mit Interesse. Die Signale der oft sehr weit südlich stehenden GPS-Satelliten treffen nämlich zu tangential auf die Empfänger im Norden Europas. Die großen Containerschiffe werfen dann einen erheblichen Schatten auf den Burchardkai, in dessen Bereich kein Signal zu empfangen ist. Mit Galileo wäre eine bessere Ausleuchtung in Nordeuropa sehr wahrscheinlich.
 

 

 

 

 

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Gibt es eines Tages eine Maschine, die denkt, fühlt, redet & sich selbst erkennt? In Amerika, Europa & Asien wird fleißig daran gebastelt. Der Hamburger Autor zieht hier Zwischenbilanz: fachkundig, neugierig, hochinformativ & zugleich unterhaltsam. Eine seltene Mischung.“

RTV, 22/2003