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Psychoaktive Substanzen

Schmerz lass nach

Opiate können zukünftig aus Zucker und gentechnisch veränderter Hefe hergestellt werden

Erschienen in der Telepolis
Von Jörg Auf dem Hövel

Die Gesellschaft leidet unter Schmerzen. Was auch immer es ist, die Entfremdung, der Körper, das Unbehagen – Schmerzmittel helfen. Der Markt ist groß, seit Jahren stehen Schmerzmittel ganz oben auf den Listen der meistverschriebenen Arzneien. Die Gruppe der Opiate und Opioide gilt dabei schon lange nicht mehr nur als Ultima Ratio in der Schmerztherapie, sondern ist vielgenutzt und unverzichtbar.

Zu ihrer Herstellung ist allerdings noch oft Schlafmohn nötig. Die Hälfte der legalen Mohnfelder liegen am Ende der Welt, in den abgelegenen Regionen Tasmaniens. Von dort stammen über 80% des Mohnextrakts Thebain, aus dem Oxycontin und andere verschreibungspflichtige Arzneimittel hergestellt werden. Auch ein Drittel des weltweit legal vertriebenen Morphins und Codeins stammt von der Insel südlich von Australien. Mittlerweile wird auf 30.000 Hektar Mohn angebaut, das entspricht 2/3 aller dort kultivierten Nutzpflanzen.

Um die Abhängigkeit von Wetter und Klima zu verringern, haben Biotechnologen von der Universität Stanford nun ein Verfahren entwickelt, welches die Herstellung von Opiaten extrem vereinfachen soll. Schon 2008 hatte das Team um Christina Smolke Hefepilze genetisch so verändert, dass sie aus Zucker Salutaridin produzieren, ein Ausgangsprodukt für die Opiatherstellung. Jetzt hat man andere Hefen dazu gebracht, aus dem Ausgangs- ein opiates Endprodukt herzustellen.

Man zeigt sich äußerst zuversichtlich, die beiden Stränge in naher Zukunft zu verbinden, so dass tatsächlich aus simplen Zucker beispielsweise Morphin entstehen würde. Smolke geht davon aus, dass in einem üblichen 1000-Liter-Gärungstank die Menge Morphin produziert werden könnte, für die ansonsten ein Hektar Schlafmohn kultiviert werden müsste.

Von Jörg Auf dem Hövel

Jörg Auf dem Hövel (* 7. Dezember 1965) ist Politikwissenschaftler und arbeitet als freier Journalist u. a. für die Telepolis, den Spiegel und Der Freitag.

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